Das BMF hat seinen Erlass zur „Steuerlichen Behandlung der Reisekosten von Arbeitnehmern“ zuletzt Ende 2020 neu gefasst. Schwerpunktmäßig geht es darin um Streitfragen bei der ersten Tätigkeitsstätte, der Mahlzeitengestellung und der doppelten Haushaltsführung. Inzwischen sind weitere Zweifelsfälle gerichtlich entschieden oder anhängig geworden.
Nachfolgend stellen wir Ihnen einige aktuelle Streitthemen und Zweifelsfragen vor:
Definition der ersten Tätigkeitsstätte
Bezüglich des steuerfreien Reisekostenersatzes und der Höhe der abzugsfähigen Werbungkosten für Auswärtstätigkeiten kommt es entscheidend darauf an, ob Arbeitnehmende eine erste Tätigkeitsstätte haben oder nicht. In der Steuererklärung kann für die Fahrt zur ersten Tätigkeitsstätte nur die sog. Entfernungspauschale geltend gemacht werden. Eine erste Tätigkeitsstätte ist gegeben, wenn der Arbeitgeber den Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin
- arbeitsrechtlich
- einer (von der Wohnung getrennten) ortsfesten betrieblichen Einrichtung
- beim Arbeitgeber oder einem Dritten (z.B. Kunden)
- dauerhaft zuordnet und
- der/die Betroffene dort zumindest in geringem Umfang tätig wird.
Erste Tätigkeitsstätte allgemein
Das BMF-Schreiben enthält folgende Aktualisierungen zur Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte:
- Als erste Tätigkeitsstätte kommt auch ein großflächiges und entsprechend infrastrukturell erschlossenes Gebiet, wie z. B. eine Werksanlage, ein Betriebsgelände, Zechengelände, Bahnhof oder ein Flughafen in Betracht (BFH, Urteile v. 11. April 2019, VI R 40/16 und VI R 12/17, BStBl II S. 546 und 551).
- Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass ein Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er/sie arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zum ausgeübten Berufsbild gehören (BFH, Urteil v. 4. April 2019, VI R 27/17, BStBl II S. 536 und BFH, Urteil v. 11. April 2019, VI R 40/16). Danach haben z.B. viele Beamte und Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst eine erste Tätigkeitstätte, im Urteilsfall ging es um einen Streifenpolizisten. Ebenfalls hat der BFH erste Tätigkeitsstätten bei fliegendem Personal am Heimatflughafen bestätigt.
- Inzwischen hat der BFH – unter Beibehaltung der vorstehenden Grundsätze – eine erste Tätigkeitsstätten auch für Postzusteller (BFH, Urteil v. 30. September 2020 – VI R 10/19), Rettungsassistenten (BFH, Urteil v. 30. September 2020 – VI R 11/19), Gerichtsvollzieher (BFH, Urteil v. 16. Dezember2020 – VI R 35/18), Außendienstmitarbeiter des Ordnungsamtes (BFH, Urteil v. 12. Juli 2021 – VI R 9/19, NV) und Zeitsoldaten (BFH, Urteil v. 22. November 2022 – VI R 6/21, NV) bejaht.
- Die Zuordnung durch den Arbeitgeber kann außerhalb des Dienst- oder Arbeitsvertrags erfolgen (auch mündlich oder konkludent) und ist unabhängig davon, ob sich der Arbeitgeber der steuerlichen Folgen bewusst ist. Sie kann sich auch ergeben aus: Tarifvertrag, Protokollnotizen, dienstrechtlichen Verfügungen, Einsatzplänen, Reiserichtlinien, Reisekostenabrechnungen, dem Ansatz eines geldwerten Vorteils für die Nutzung eines Dienstwagens für die Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte oder vom Arbeitgeber vorgelegten Organigrammen BFH, Urteil v. 11. April 2019, VI R 40/16 und BFH, Urteil v. 4. April 2019, VI R 27/7).
- Eine Zuordnung ist unbefristet, wenn die Dauer der Zuordnung zu einer Tätigkeitsstätte nicht kalendermäßig bestimmt ist und sich auch nicht aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt. Der Umstand, dass ein Arbeitnehmer jederzeit einer anderen Tätigkeitsstätte zugeordnet werden könnte, führt nicht zur Annahme einer befristeten Zuordnung (BFH, Urteil v. 4. April 2019, VI R 27/7).
Weitere Einzelheiten zur vorstehenden Thematik finden Sie auch in unserem Beitrag „Aktuelle Urteile zur ersten Tätigkeitsstätte“.
Befristete Beschäftigungsverhältnisse und Leiharbeit
Bisher vertritt die Finanzverwaltung die Auffassung, dass auch Leiharbeitnehmende eine erste Tätigkeitsstätte haben können, wenn sie ausnahmsweise dauerhaft (§ 9 Absatz 4 Satz 3 EStG, „bis auf Weiteres“ also unbefristet, für die gesamte Dauer des Leiharbeitsverhältnisses oder länger als 48 Monate) in einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Entleihers tätig werden sollen.
Dem hat der BFH jedoch widersprochen. Maßgebliches Arbeitsverhältnis für die Frage, ob Leiharbeitnehmende einer betrieblichen Einrichtung dauerhaft zugeordnet sind, ist das zwischen dem Verleiher und ihnen bestehende Arbeitsverhältnis. Besteht der Einsatz beim Entleiher in wiederholten, aber befristeten Einsätzen, fehlt es an einer dauerhaften Zuordnung (BFH, Urteil v. 12. Mai 2022 – VI R 32/20).
In seinem Urteil hat der BFH darauf hingewiesen, dass die Überlassung nach der ab dem 01. April 2017 geltenden Fassung des § 1 Abs. 1b AÜG nicht länger als 18 Monate zum selben Entleiher bestehen darf und damit inzwischen qua Definition immer nur vorübergehend erfolgt. Die Anwendung auf Altfälle, bei denen die Überlassung schon vor etlichen Jahren begonnen hat, ist aber aktuell wieder streitig. Im Revisionsverfahren mit dem Az. VI R 22/23 wird sich der BFH um die Frage kümmern müssen, ob aufgrund der Neuregelung ab 01. April 2017 auch eine Neubewertung der ersten Tätigkeitsstätte erfolgt. Das erstinstanzliche Urteil hatte dies verneint (FG München, Urteil vom 21.03.2023 – 6 K 1233/20).
Bildungseinrichtung als erste Tätigkeitsstätte
Erste Tätigkeitsstätte ist auch eine Bildungseinrichtung, die außerhalb eines Dienstverhältnisses zum Zwecke eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht wird (§ 9 Absatz 4 Satz 8 EStG). Die Dauer einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme ist für die Einordnung einer Bildungseinrichtung als erste Tätigkeitsstätte dabei unerheblich. Ausreichend ist, wenn der Auszubildende/Studierende die Bildungseinrichtung anlässlich der regelmäßig zeitlich befristeten Bildungsmaßnahme nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d. h. fortdauernd und immer wieder (dauerhaft) aufsucht (BFH, Urteil v. 14. Mai 2020, VI R 24/18).
Zuletzt hat der BFH jedoch entschieden, dass Studierende, die einen Teil des Studiums an einer anderen (weiteren) Hochschule (hier Auslandssemester) absolvieren können bzw. müssen, an der anderen Hochschule keine weitere erste Tätigkeitsstätte begründen. Entsprechendes gilt in der Regel auch für Studierende, die im Rahmen ihres Studiums ein Praxissemester oder Praktikum ableisten können bzw. müssen und dabei ein Dienstverhältnis begründen (BFH, Urteil v. 14. Mai 2020, VI R 3/18).
Hinweis: Ausbildungskosten als Sonderausgaben: Von dieser Rechtsprechung profitieren allerdings regelmäßig nur Studierende, die bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder einen Bachelorstudiengang) abgeschlossen haben. Aufwendungen für die erste Ausbildung (Berufsausbildung oder Studium) sind hingegen vom Werbungskostenabzug ausgenommen (§ 9 Abs. 6 EStG). Der Aufwand wird nur im Rahmen des Sonderausgabenabzugs berücksichtigt und wirkt sich steuerlich nur aus, wenn die/der Studierende im Jahr der Aufwandsentstehung über steuerpflichtige Einkünfte verfügt.
Aktuelles zu den Spesen
Arbeitnehmende können für tatsächlich entstandene Verpflegungsmehraufwendungen aufgrund einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit nach der Abwesenheitszeit von Wohnung und erster Tätigkeitsstätte gestaffelte Verpflegungspauschalen als Werbungskosten ansetzen oder in entsprechender Höhe einen steuerfreien Arbeitgeberersatz erhalten. Die Berücksichtigung der Pauschalen für die Verpflegungsmehraufwendungen ist im In- und Ausland auf die ersten drei Monate einer beruflichen Tätigkeit an ein und derselben Tätigkeitsstätte beschränkt.
Wird Arbeitnehmenden vom Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten eine Mahlzeit zur Verfügung gestellt, werden die Pauschalen gekürzt, und zwar
- um 20 Prozent für ein Frühstück und
- um jeweils 40 Prozent für ein Mittag- und Abendessen.
der für die 24-stündige Abwesenheit geltenden höchsten Verpflegungspauschale. Steht Arbeitnehmern keine Verpflegungspauschale zu (z. B. weil die Tätigkeit weniger als 8 Stunden beträgt oder die sog. Dreimonatsfrist abgelaufen ist), so ist eine Versteuerung der Mahlzeit mit dem Sachbezugswert vorzunehmen.
Reisekosten: Letzte Änderungen
Für eintägige auswärtige Tätigkeiten ohne Übernachtung kann ab einer Abwesenheit von mehr als acht Stunden von der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte eine Pauschale von 14 Euro berücksichtigt werden. Für die Kalendertage, an denen Arbeitnehmer 24 Stunden abwesend sind, kann eine Pauschale von 28 Euro vom Arbeitgeber steuerfrei ersetzt bzw. als Werbungskosten in der Steuererklärung geltend gemacht werden (§ 9 Abs. 4a Satz 3 Nr. 1 EStG). Für den An- und Abreisetag einer solchen mehrtägigen auswärtigen Tätigkeit kann eine Pauschale von jeweils 14 Euro steuerlich angesetzt werden (§ 9 Abs. 4a Satz 3 Nr. 2 EStG). Eine zwischenzeitlich geplante Erhöhung der Pauschalen ab 2024 ist gesetzlich gescheitert.
Zu den je nach Staat unterschiedlichen Pauschalen für Auslandstätigkeiten gibt das BMF im Regelfall jährlich geänderte Tabellen heraus (für 2024: BMF-Schreiben vom 21. November 2023 – IV C 5 – S 2353/19/10010 :005).
Bei Mahlzeitengestellung ergibt sich für Auswärtstätigkeiten im Inland eine Kürzung der jeweils zustehenden Verpflegungspauschale um 5,60 Euro für ein Frühstück und jeweils 11,20 Euro für ein Mittag- und Abendessen. Im Ausland hängen die Kürzungen von der jeweiligen höchsten Verpflegungspauschale ab.
Beispiel 1: Eine Mitarbeiterin ist von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr auswärts bei verschiedenen Kunden im Inland beruflich tätig. In der Mittagspause kauft sie sich eine Pizza und ein Wasser für 8 Euro. Weil sie anlässlich einer eintägigen beruflichen Auswärtstätigkeit mehr als acht Stunden von ihrer Wohnung abwesend ist, kann sie grundsätzlich eine Verpflegungspauschale von 14 Euro beanspruchen. Würde sie die Rechnung für die mittags verzehrte Pizza und das Wasser ihrem Arbeitgeber vorlegen und erstattet bekommen, könnte sie nur noch eine gekürzte Verpflegungspauschale von 2,80 Euro (14 Euro – 11,20 Euro) beanspruchen.
Nur ausnahmsweise kommt es bei Auswärtstätigkeiten zum Ansatz der Sachbezugswerte (bei einer Mahlzeitengestellung, wenn keine kürzbaren Verpflegungsaufwendungen zu gewähren sind). Ab 2024 sind die Sachbezugswerte auf 2,17 Euro für ein Frühstück und 4,13 Euro für ein Mittag- oder Abendessen angehoben worden.
Einzelheiten zur Mahlzeitenkürzung
Hinsichtlich der Mahlzeitenkürzung ist im Erlass auf Regelungen hinzuweisen:
- Eine Mahlzeit, die zur Kürzung der Verpflegungspauschale führt, kann nach Verwaltungsauffassung auch ein vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellter Imbiss wie z.B. belegte Brötchen, Kuchen und Obst sein. Die u.a. auf Flügen gereichten kleinen Tüten mit Chips, Salzgebäck, Schokowaffeln, Müsliriegeln oder bei anderen Anlässen zur Verfügung gestellte vergleichbare Knabbereien sowie unbelegte Backwaren (BFH, Urteil v. 3. Juli 2019, VI R 36/17) erfüllen hingegen nicht die Kriterien für eine Mahlzeit. Sie führen zu keiner Kürzung der Pauschalen. Im Urteilsfall hatte ein Arbeitgeber seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern täglich unbelegte Brötchen kostenlos zur Verfügung gestellt. Nach der Entscheidung des BFH sind unbelegte Brötchen auch in Kombination mit einem Heißgetränk kein Frühstück. Selbst für ein einfaches Frühstücks müsse jedenfalls noch ein Aufstrich oder ein Belag hinzutreten. Damit lagen im Urteilsfall steuerfreie Aufmerksamkeiten vor.
- Das Zurverfügungstellen einer Mahlzeit durch den Arbeitgeber und damit die Kürzung erfordert nicht, dass der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin die Mahlzeit auch tatsächlich einnimmt. Aus welchen Gründen die Mahlzeit nicht eingenommen wird, ist insoweit unerheblich (BFH, Urteil v. 7. Juli 2020, VI R 16/18). Im Urteilsfall wurden einem Soldaten sämtliche Mahlzeiten vom Dienstherrn bereitgestellt. Der Kläger nahm jedoch nur am Mittagessen teil, die anderen Mahlzeiten organisierte er sich selbst. Trotzdem waren die Pauschalen (bis auf Null) zu kürzen.
- Bei Nichteinnahme kann der Arbeitgeber aber eine weitere gleichartige Mahlzeit zur Verfügung stellen (soweit insgesamt der Höchstbetrag von 60 Euro für übliche Mahlzeiten nicht überschritten wird). Ein Werbungskostenabzug bei der Einkommensteuerveranlagung für eine auf eigene Veranlassung eingenommene Verpflegung anstelle der vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Mahlzeit ist hingegen ausgeschlossen.
Beispiel 2: Ein Mitarbeiter verschläft auf dem vom Arbeitgeber gebuchten (Inlands-)Flug das Frühstück. Nach seiner Ankunft nimmt er ein Frühstück zum Preis von 16 Euro im Flughafenrestaurant ein. Er reicht die Frühstücksrechnung beim Arbeitgeber ein und erhält die Kosten in voller Höhe erstattet. Damit wird auch das zweite Frühstück vom Arbeitgeber gestellt. Die Verpflegungspauschale ist wie folgt zu berechnen:
- Anreisetag: 14,00 Euro
- Kürzung für gestelltes Frühstück insgesamt : ./. 5,60 Euro
- verbleibende steuerfreie Verpflegungspauschale: 8,40 Euro
Übernachtung im LKW
Zur Abgeltung der notwendigen Mehraufwendungen, die Arbeitnehmenden während einer Auswärtstätigkeit auf einem Kraftfahrzeug des Arbeitgebers im Zusammenhang mit einer Übernachtung in dem Kraftfahrzeug entstehen, kann einheitlich im Kalenderjahr eine Pauschale für jeden Kalendertag berücksichtigt werden, an dem der Arbeitnehmer eine Verpflegungspauschale beanspruchen könnte. Die Pauschale ist ab 2024 von 8 Euro auf 9 Euro je Kalendertag erhöht worden.
Die Pauschale kann auch von mitfahrenden Arbeitnehmern beansprucht werden, die ebenfalls im Fahrzeug übernachten, wenn der Arbeitgeber keine weiteren Erstattungen für Übernachtungskosten leistet bzw. keine weiteren Übernachtungskosten als Werbungskosten geltend gemacht werden.
Aktuelles zur doppelten Haushaltsführung
Notwendige Mehraufwendungen, die Beschäftigen wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, sind Werbungskosten in der Steuererklärung (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG), und zwar unabhängig davon, aus welchen Gründen die doppelte Haushaltsführung begründet oder beibehalten wird. Abzugsfähig sind die Fahrtkosten für die erste und letzte Fahrt zwischen Haupt- und Zweitwohnung (in Höhe der tatsächlichen Kosten) und für wöchentliche Familienheimfahrten (in Höhe der Entfernungspauschale von 0,30 Euro für die ersten zwanzig Entfernungskilometer und in Höhe von inzwischen 0,38 Euro ab dem 21. Entfernungskilometer). Außerdem können Mehraufwendungen für Verpflegung (für die ersten drei Monate), Telefonkosten sowie Umzugskosten angesetzt werden. Daneben sind die Aufwendungen für die Unterkunft selbst bis maximal 1.000 Euro monatlich ansetzbar.
Wichtig: Das Vorliegen eines Doppelhaushalts setzt zunächst das Vorhandensein und die Beibehaltung eines Ersthaushalts mit entsprechender Kostenbelastung voraus. Mit den Anforderungen an die Kostenbeteiligung im Inlands- und im Auslandsfall hat sich die Rechtsprechung aktuell befasst. Einzelheiten dazu finden Sie in unserem Beitrag „Doppelte Haushaltsführung – Kostenbeteiligung an der Lebensführung erforderlich„.
Der Verwaltungserlass enthält darüber hinaus Regelungen insbesondere zu folgenden Punkten:
Lage von Hauptwohnung, Zweitwohnung und erster Tätigkeitsstätte
Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Haushalt unterhält (Hauptwohnung) und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt (Zweitwohnung). Aus Vereinfachungsgründen konnte nach bisheriger Verwaltungsauffassung von einer Zweitunterkunft oder -wohnung am Ort der ersten Tätigkeitsstätte dann noch ausgegangen werden, wenn der Weg von der Zweitunterkunft oder -wohnung zur ersten Tätigkeitsstätte weniger als die Hälfte der Entfernung der kürzesten Straßenverbindung zwischen der Hauptwohnung (Mittelpunkt der Lebensinteressen) und der ersten Tätigkeitsstätte beträgt.
Der BFH hat hingegen entschieden, dass eine doppelte Haushaltsführung nicht vorliegt, wenn die Hauptwohnung, d.h. der „eigene Hausstand“, ebenfalls am Beschäftigungsort belegen ist. Das soll der Fall sein, wenn der Steuerpflichtige von dieser seine Arbeitsstätte in zumutbarer Weise täglich erreichen kann (BFH, Urteil v. 16. November 2017, VI R 31/16, BStBl II 2018 S. 404).
Der Verwaltungserlass setzt diese Rechtsprechung um und regelt die Fälle wie folgt:
- Eine Fahrzeit von bis zu einer Stunde je Wegstrecke unter Zugrundelegung individueller Verkehrsverbindungen und Wegezeiten kann in der Regel als zumutbar angesehen werden. Dann liegt keine doppelte Haushaltsführung vor.
- Beträgt die Entfernung zwischen Hauptwohnung und erster Tätigkeitsstätte mehr als 50 km, ist davon auszugehen, dass sich die Hauptwohnung außerhalb des Ortes der ersten Tätigkeitsstätte befindet und eine doppelte Haushaltsführung ist grundsätzlich möglich.
- Aus Vereinfachungsgründen kann davon ausgegangen werden, dass die Zweitwohnung noch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte belegen ist und damit ein Doppelhaushalt grundsätzlich möglich ist, wenn die Entfernung zwischen Zweitwohnung oder –unterkunft und erster Tätigkeitsstätte nicht mehr als 50 km beträgt.
- Liegt die Zweitwohnung mehr als 50 km von dem Ort der ersten Tätigkeitsstätte entfernt, ist zu prüfen, ob die erste Tätigkeitsstätte von der Zweitwohnung oder –unterkunft noch in zumutbarer Weise täglich erreicht werden kann (Fahrtzeit bis zu einer Stunde, siehe oben).
Das Beziehen der Zweitwohnung oder -unterkunft muss zudem aus beruflichen Gründen erforderlich sein. Aus Vereinfachungsgründen kann nach dem Erlass von einer beruflichen Veranlassung des Beziehens der Zweitwohnung oder -unterkunft ausgegangen werden, wenn
- die kürzeste Straßenverbindung von der Zweitwohnung oder -unterkunft zur ersten Tätigkeitsstätte weniger als die Hälfte der kürzesten Straßenverbindung zwischen der Hauptwohnung und der ersten Tätigkeitsstätte beträgt
- oder die Fahrzeit zur ersten Tätigkeitsstätte für eine Wegstrecke halbiert wird.
Beispiel 3: Ein Mitarbeiter hat seine Hauptwohnung in Berlin und in Cottbus seine erste Tätigkeitsstätte. Die Entfernung von Berlin (Hauptwohnung) nach Cottbus beträgt 100 Kilometer und die Fahrzeit mit der Bahn 50 Minuten. Der Arbeitnehmer nimmt sich in Forst eine Zweitwohnung. Die Entfernung von dieser Zweitwohnung nach Cottbus (erste Tätigkeitsstätte) beträgt 30 km. Auf Grund der Entfernung von mehr als 50 km zwischen Hauptwohnung und erster Tätigkeitsstätte liegt die Hauptwohnung nicht am Ort der ersten Tätigkeitsstätte. Die Zweitwohnung in Forst liegt 30 km entfernt und damit noch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte. Es liegt eine doppelte Haushaltsführung vor. Da die kürzeste Straßenverbindung von der Zweitwohnung zur ersten Tätigkeitsstätte (30 km) auch weniger als die Hälfte der Straßenverbindung zwischen Hauptwohnung in Berlin und erster Tätigkeitsstätte beträgt (1/2 von 100 km = 50 km), kann auch von einer beruflichen Veranlassung der doppelten Haushaltsführung ausgegangen werden.
Höchstbetrag für Unterkunftskosten
Nach der Rechtsprechung des BFH gehören Kosten für Einrichtungsgegenstände und Hausrat nicht zu den Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft (BFH, Urteil v. 4. April 2019, VI R 18/17, BStBl II S. 449).
Der Erlass enthält deshalb eine überarbeitete Aufzählung: Der Höchstbetrag von 1.000 Euro monatlich für die Zweitwohnung umfasst danach sämtliche entstehenden Aufwendungen wie Miete, Betriebskosten, Kosten der laufenden Reinigung und Pflege der Zweitwohnung oder -unterkunft, Zweitwohnungsteuer, Rundfunkbeitrag, Aufwendungen für Sondernutzung (wie Garten), die vom Arbeitnehmenden selbst getragen werden, sowie Miet- oder Pachtgebühren für Kfz-Stellplätze (siehe dazu jedoch nachstehend).
Aktuell hat das oberste Steuergericht bestätigt, dass eine Zweitwohnungsteuer Aufwand für die Nutzung der Unterkunft darstellt und daher bei den Mehraufwendungen für die doppelte Haushaltsführung der Abzugsbeschränkung unterfällt (BFH-Urteil vom 15. Dezember 2023 – VI R 30/21).
Nicht umfasst werden hingegen Aufwendungen für Hausrat, Einrichtungsgegenstände oder Arbeitsmittel, mit denen die Zweitwohnung ausgestattet ist. Sie können als sonstige notwendige Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung berücksichtigt werden. Übersteigen die Anschaffungskosten für Einrichtung und Ausstattung (ohne Arbeitsmittel) insgesamt nicht den Betrag von 5.000 Euro einschließlich Umsatzsteuer, ist aus Vereinfachungsgründen davon auszugehen, dass es sich um notwendige Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung handelt. Wird die Zweitwohnung oder -unterkunft möbliert angemietet, überschreitet die Miete den Höchstbetrag und enthält der Mietvertrag keine Aufteilung der Miete für die Überlassung der Wohnung und der Einrichtung und Ausstattung, ist die Miete im Schätzwege aufzuteilen (BFH, Urteil v. 4. April 2019, VI R 18/17).
Aktueller Hinweis: Stellplatz und Garage: Aufwendungen für einen separat angemieteten Garagenstellplatz sollen nach dem Erlass in den Höchstbetrag einzubeziehen sein. Das ist jedoch aktuell in einem Revisionsverfahren vor dem BFH streitig (Az. BFH VI R 4/23; vorgehend FG Niedersachsen, Urteil v. 16. März 2023, 10 K 202/22).
Bereits das FG Saarland hatte der Verwaltungsauffassung widersprochen. Nach seinem Urteil gehören die Aufwendungen für einen separat angemieteten PKW-Stellplatz zum Parken des Dienstwagens nicht zu den Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft, sondern zu den sonstigen abziehbaren Mehraufwendungen einer doppelten Haushaltsführung (FG Saarland, Gerichtsbescheid v. 20. Mai 2020, 2 K 1251/17).
Quelle: BMF, Schreiben v. 25. November 2020, IV C 5 – S 2353/19/10011 :006; BStBl I S. 1228
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