Die OFD Frankfurt hat sich zur Ermittlung der ortsüblichen Miete bei Vermietungseinkünften geäußert.
Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ermitteln sich als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten. Bei einer langfristig angelegten Vermietung wird eine Einkunftserzielungsabsicht regelmäßig unterstellt, so dass auch Verluste vom Finanzamt anerkannt werden. Vorsicht ist jedoch bei einer verbilligten Vermietung angezeigt, insbesondere wenn diese an Angehörige erfolgt. Oftmals sind dann ortsübliche Vergleichsmieten als maßgebende Größe für die steuerliche Beurteilung heranzuziehen. Zu deren Ermittlung hat aktuell die hessische Finanzverwaltung wertvolle Hinweise veröffentlicht.
Verbilligte Vermietung
Zu beachten sind die mehrfach überarbeiteten Regelungen in § 21 Abs. 2 EStG:
- Beträgt das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken weniger als 50 Prozent der ortsüblichen Marktmiete, so ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Die Werbungskosten für den unentgeltlichen Teil sind dann nicht mehr abzugsfähig (§ 21 Abs. 2 Satz 1 EStG).
- Beträgt das Entgelt bei auf Dauer angelegter Wohnungsvermietung mindestens 66 Prozent der ortsüblichen Miete, gilt die Wohnungsvermietung als entgeltlich (§ 21 Abs. 2 Satz2 EStG). Rechtsfolge des Erreichens der 66 %-Grenze ist, dass keine Aufteilung der Vermietung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil erfolgt und damit der volle Werbungskostenabzug gewährt wird.
- Innerhalb eines Korridors von 51 % bis 65 % der ortsüblichen Marktmiete ist eine Totalüberschussprognose anzustellen. Nur wenn diese positiv ausfällt, findet keine Aufteilung statt.
Bei der Vergleichsrechnung ist von der ortsüblichen Kaltmiete zzgl. der umlagefähigen Kosten nach der Betriebskostenverordnung für eine nach Art, Lage und Ausstattung vergleichbaren Wohnung auszugehen. Entgelt ist die Kaltmiete zzgl. der gezahlten Umlagen (R 21.3 Satz 2 EStR). Die Verwaltungsauffassung hat der BFH mit Urteil v. 10.5.2016 (IX R 44/15) ausdrücklich bestätigt.
In der neuen OFD-Verfügung werden zunächst die Ermittlungsmöglichkeiten der „Kaltmiete“ und anschließend Ermittlungsmöglichkeiten der umlagefähigen Kosten beschrieben. Dem Steuerpflichtigen bleibt es unbenommen, die tatsächliche ortsübliche Miete für nach Lage, Art und Ausstattung vergleichbare Wohnungen anderweitig nachzuweisen.
Wichtig und vorab zu prüfen: Grundsätzliche Voraussetzung für die Anerkennung von Mietverhältnissen unter nahen Angehörigen ist, dass der Mietvertrag zivilrechtlich wirksam geschlossen worden ist und tatsächlich wie vereinbart durchgeführt wird; dabei müssen Vertragsinhalt und Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen (Fremdvergleich). Entspricht der Mietvertrag und seine Durchführung nicht den üblichen Gepflogenheiten unter fremden Dritten, wird ihm die steuerliche Anerkennung versagt. Dann erübrigen sich die nachfolgend dargestellten Ermittlungsschritte.
Tipp: Werden Wohnungen z.B. im Rahmen eines Dienstverhältnisses (verbilligt) überlassen, so gelten die nachfolgend beschriebenen Ermittlungsmethoden für die ortsüblichen Vergleichsmieten entsprechend für die Ermittlung der lohnsteuerpflichtigen Vorteile. Der Ansatz eines Sachbezugs für eine dem Arbeitnehmenden vom Arbeitgeber zu eigenen Wohnzwecken überlassene Wohnung unterbleibt, soweit das gezahlte Entgelt mindestens zwei Drittel des ortsüblichen Mietwerts und dieser nicht mehr als 25 Euro je Quadratmeter ohne umlagefähige Kosten im Sinne der Verordnung über die Aufstellung von Betriebskosten beträgt (§ 8 Abs. 2 Satz 12 EStG).
Ermittlung der ortsüblichen Kaltmiete
Die Ermittlung der ortsüblichen Miete gestaltet sich in der Praxis oftmals schwierig. Ggf. ist die ortübliche Miete im Rahmen einer sachgerechten Schätzung (§ 162 Abs. 1 AO) zu ermitteln. Dafür zeigt die OFD bis zu vier Methoden auf:
Die ortsübliche Miete kann grundsätzlich anhand der örtlichen Mietspiegel ermittelt werden. Nach § 558c BGB sollen die Städte und Gemeinden Mietspiegel erstellen, wenn hierfür ein öffentliches Interesse besteht. Vereinzelt erstellen Kommunen auch qualifizierte Mietspiegel (§ 558d BGB) oder Mietdatenbanken (§ 558e BGB).
Enthält der Mietspiegel Rahmenwerte, ist jeder der Mietwerte als ortsüblich anzusehen, den der Mietspiegel im Rahmen der Spanne zwischen mehreren Mietwerten für vergleichbare Wohnungen ausweist. Es bestehen keine Bedenken, wenn der Überlassende (z.B. Vermieter, Arbeitgeber) den unteren Rahmenwert des Mietspiegels als örtlichen Mietpreis zugrunde legt (vgl. auch BFH, Urteil v. 17.8.2005, IX R 10/05 zur Wohnungsüberlassung an Arbeitnehmenden). Auch bei den unteren Rahmenwerten sind jedoch örtlich bedingte Wertsteigerungen oder Wertminderungen in Form von Zu- oder Abschlägen zu berücksichtigen. Sieht der anzuwendende Mietspiegel für vergleichbare Wohnungen keine Bandbreite zwischen mehreren Mietwerten vor, ist der im Mietspiegel für vergleichbare Wohnungen ausgewiesene Durchschnittswert anzusetzen. Aus Vereinfachungsgründen sind in solchen Fällen keine allgemeinen Zu- oder Abschläge vorzunehmen.
Als weiteren Ermittlungsweg sieht der Leitfaden der OFD Frankfurt einen Rückgriff auf die Mietwertkalkulatoren der Ämter für Bodenmanagement und Geoinformation (Mika) in Hessen vor. Anhand der vier Haupteinflussgrößen (maßgeblicher Bodenrichtwert, Baujahr, Ausstattung und Wohnfläche) wird damit eine durchschnittliche Wohnraummiete errechnet.
Diese Ermittlungsmöglichkeit besteht leider nicht deutschlandweit. Allerdings gibt es teilweise auch für andere Städte und Gemeinden Mietrechner o.ä. Berechnungshilfen, die insbesondere bei Fehlen einer Mietpreisspiegels in Betracht gezogen werden können.
Als dritte und regelmäßig nachrangig in Betracht kommende Variante sieht der Leitfaden eine Ermittlung der ortsüblichen Miete anhand der Entgelte für einzelne vergleichbare Wohnungen vor. In diesen Fällen und evtl. auch zur Verprobung von Mietwerten regt die Finanzverwaltung eine Internetrecherche an, um sich einen Überblick über die zur Verfügung stehenden zu vermietenden Immobilien im Umkreis des betreffenden Objekts zu verschaffen.
Wichtig ist für beide Seiten, dass die Ermittlung der vergleichbaren Miete auch im Nachhinein nachvollziehbar sein sollte. Die Recherche sollte deshalb für spätere Nachweise ausgedruckt oder gespeichert werden. Nach der Rechtsprechung ist die ortsübliche Miete unter Berücksichtigung eines breiten Spektrums von Vergleichswohnungen zu ermitteln, d.h. es müssen die Entgelte für zumindest drei vergleichbare Wohnungen zugrunde gelegt werden (BFH, Urteil v. 22.2.2021, IX R 7/20; § 558a Abs. 2 Nr. 4 BGB).
Greift keine der vorstehend dargestellten Methoden, kommt letztlich noch eine Ermittlung der Miete durch ein Sachverständigengutachten in Betracht.
Ermittlung und Berücksichtigung der umlagefähigen Kosten
Für die Berechnung der Entgeltlichkeitsquote sind die Warmmieten zugrunde zu legen (vgl. BFH, Urteil v. 10.5.2016, IX R 44/15). Diese beinhalten die Kaltmieten, zuzüglich der nach der Betriebskostenverordnung (BetrKV) umlagefähigen Nebenkosten (vgl. R 21.3 EStR).
Zu den umlagefähigen Kosten gehören insbesondere die Grundsteuer, die Kosten für die Wasserversorgung, Entwässerung, Heizung, Straßenreinigung und Müllbeseitigung, die Beleuchtung, Gartenpflege, Schornsteinreinigung, Sach- und Haftpflichtversicherung und für den Hauswart. Kosten für die Instandhaltung und Instandsetzung gehören nicht dazu.
Bezogen auf die vereinbarte Miete, sind alle umlagefähigen Kosten in die Vergleichsberechnung einzubeziehen, die tatsächlich gezahlt worden sind. Auch Nebenkosten, die unmittelbar vom Mieter getragen wurden, sind einzubeziehen (BFH, Urteil v. 22.2.2021, IX R 7/20).
Da die Prüfung, ob eine verbilligte Vermietung an nahe Angehörige vorliegt, in der Regel nach Ablauf des betreffenden Veranlagungszeitraums erfolgt, kann die tatsächliche Höhe der für das Objekt zu leistenden Umlagen ermittelt werden. Das gilt auch, wenn die Umlagen nicht weiter belastet werden. Sind keine getrennten Zähler vorhanden, können die Umlagen anhand der tatsächlichen Kosten und einer Aufteilung dieser nach der Anzahl der Bewohner bzw. nach den Flächen aufgeteilt und somit sachgerecht geschätzt werden. Werden die Umlagen tatsächlich umgelegt, so kann eine entsprechende Endabrechnung bei dem Steuerpflichtigen angefordert werden. Die Verfügung enthält folgendes Beispiel:
Beispiel: Ein Steuerpflichtiger vermietet eine zuvor fremdvermietete Wohnung an seine Tochter. Das Mietverhältnis ist zivilrechtlich wirksam und wird auch wie vereinbart durchgeführt. Die Wohnung war zuvor für 500 EUR zzgl. 150 EUR Umlagen fremdvermietet.
Die Tochter übernimmt sämtliche Umlagen in Höhe von 150 EUR und zahlt darüber hinaus eine Miete in Höhe von 285 EUR. Die tatsächlich gezahlte Warmmiete beträgt somit 66,9 % der ortsüblichen Warmmiete (435 EUR : 650 EUR) und ist somit steuerrechtlich anzuerkennen.
Übrigens: Die Entgeltlichkeitsquote ist höher als bei einem reinen Vergleich der Kaltmieten (285 EUR : 500 EUR = 57%).
OFD Frankfurt, Verfügung v. 7.12.2023, S 2253 A – 00115 – 0357 – St 214