Das Hessische FG hat entschieden, dass eine steuerliche Betriebsprüfung auch nach dem Tod des Geschäftsinhabers zulässig ist.
Eine Außenprüfung wird regelmäßig bei Steuerpflichtigen durchgeführt werden, die im Zeitpunkt der Prüfung noch einen gewerblichen Betrieb unterhalten. Allerdings können die steuerlichen Verhältnisse früherer Unternehmer auch dann zu prüfen sein, wenn sie ihren Betrieb veräußert oder aufgegeben haben. Gleiches gilt beim Tod des Unternehmers für dessen Erben.
Betriebsprüfung nach Tod des Geschäftsinhabers
Vor dem Hessischen FG ging es um folgenden Sachverhalt: Die Kläger X und Y sind gemeinschaftliche Erben des im Jahr 2016 verstorbenen K. Im Jahr 2019 erließ das Finanzamt eine an den Kläger X adressierte, die steuerlichen Verhältnis des K betreffende Prüfungsanordnung.
Das Finanzamt wies darauf hin, dass die Prüfungsanordnung an X als Vertreter der Erben nach K mit Wirkung für alle Miterben und Gesamtrechtsnachfolger nach K ergeht. Gegen diese Prüfungsanordnung legten die Kläger Einspruch ein. Sie vertreten die Auffassung, dass eine Außenprüfung nur bei einem Steuerpflichtigen zulässig sei, der einen gewerblichen Betrieb unterhalte. Dies sei vorliegend nur bei K bis zu dessen Tod der Fall gewesen. Sie hätten das Einzelunternehmen des K nach dessen Ableben jedoch nicht weitergeführt, sondern aufgelöst. Da das Einzelunternehmen nicht mehr unterhalten werde, sei eine Außenprüfung unzulässig.
Nach der erfolglosen Durchführung des Einspruchsverfahrens verfolgten die Kläger ihr Begehren im Klageverfahren weiter.
Prüfung war zulässig
Das FG hat dem Finanzamt Recht gegeben und entschieden, dass die steuerlichen Verhältnisse früherer Unternehmer auch dann nach § 193 Abs. 1 AO geprüft werden dürften, wenn sie ihren Betrieb veräußert oder aufgegeben hätten. Gleiches gelte beim Tod des Unternehmers für dessen Erben.
Steuerschulden des Erblassers und damit auch die Verpflichtung aus Steuernachforderungen würden nach § 45 Abs. 1 AO auf den Gesamtrechtsnachfolger übergehen. Soweit die Steuerschuld auf der unternehmerischen Betätigung des Erblassers beruhe, könne bei ihm auch eine Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 AO stattfinden. Dies habe der BFH, Urteil v. 9.5.1978, VII R 96/75, mit dem Hinweis entschieden, dass der Erbe Steuerschuldner geworden sei und die aus dieser Stellung erwachsenen Pflichten erfüllen müsse. Hierzu gehöre auch die Duldung einer Außenprüfung. Nach dem reinen Wortlaut des § 193 Abs. 1 AO würden die Kläger persönlich – anders als K – zwar die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht erfüllen, da sie das Unternehmen des K nach dessen Tod nicht fortgeführt und damit keinen gewerblichen Betrieb unterhalten hätten.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH trete ein Gesamtrechtsnachfolger jedoch über den Wortlaut der Vorschrift hinaus in die gesamte materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Stellung des Rechtsvorgängers ein. Dementsprechend würden nicht nur Forderungen und Schulden übergehen, sondern alle steuerlich relevanten Umstände, die in der Person des Rechtsvorgängers eingetreten seien. Dies betreffe auch die Pflicht zur Duldung einer Außenprüfung als formalisiertes Verfahren zur Ermittlung steuerlich erheblicher Sachverhalte.
Erben müssen Durchführung einer Außenprüfung dulden
In dem der Rezensionsentscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der BFH bereits in dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes – wenn auch (nur) nach summarischer Prüfung – klargestellt, dass die Erben eines gewerblich tätigen Steuerpflichtigen die Durchführung einer Außenprüfung zu dulden hätten (BFH, Beschluss v. 15.6.2022, X B 87/21).
Nach dieser Entscheidung obliegt den Erben die Erfüllung der auf sie durch Gesamtrechtsnachfolge übergegangenen Mitwirkungspflichten im Sinne des § 200 AO, sodass der Anordnung einer Außenprüfung nicht von Vornherein entgegensteht, dass die Erben nicht über das Wissen und die Kenntnisse des Erblassers verfügen und über das bloße Ordnen, Sortieren und die Vorlage von Unterlagen hinaus nicht zur Mitwirkung bei der Aufklärung der steuerlichen Verhältnisse des Erblassers herangezogen werden können.
Von den Gesamtrechtsnachfolgern kann seitens des Finanzamtes kein einzelnes Mitwirkungsverlangen gefordert und ggf. mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden, das außerhalb ihres Wissens- oder Einflussbereichs liegt. Allein ein zeitlicher oder finanzieller Mehraufwand der Erben (hier: im Vergleich zum verstorbenen Betriebsinhaber) macht eine ermessensgerecht eingeforderte Mitwirkungsmaßnahme aber nicht unverhältnismäßig.