Das BMF hat eine überarbeitete Fassung seines Schreibens zur Anwendung der Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG veröffentlicht. In das neue Schreiben eingeflossen sind nicht nur die jüngsten Änderungen durch das Wachstumschancengesetz, sondern auch aktuelle BFH-Rechtsprechung.

Dieser Beitrag beschäftigt sich jedoch nicht nur mit den Änderungen des neuen BMF-Schreibens v. 12.3.2025 (IV C 6 – S 2290-a/00012/001/037). Vielmehr nimmt er das überarbeitete Schreiben zum Anlass, die Gesamtsystematik des § 34a EStG darzustellen, um daraus sowohl die Potenziale als auch die nicht zu unterschätzenden Fallstricke herauszuarbeiten.

Begünstigte Einkunftsarten

Adressaten des § 34a EStG sind natürliche Personen, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit oder aus Land- und Forstwirtschaft erzielen (§§ 13, 15, 18 EStG) – gleichgültig, ob als Einzelunternehmer oder als Mitunternehmer. Hierbei gilt eine betriebs- und mitunternehmeranteilsbezogene Betrachtungsweise.

Bei Beteiligungen an Personengesellschaften kann § 34a EStG daher auf den dem einzelnen Mitunternehmer zuzurechnenden Gewinnanteil Anwendung finden, wobei die Ergebnisse aus Sonder- und Ergänzungsbilanzen mit in die Betrachtung einzubeziehen sind.

§ 34a EStG erstreckt sich jedoch nur auf Gewinne, die durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 EStG) ermittelt wurden. Die Thesaurierungsbegünstigung bleibt Steuerpflichtigen verwehrt, die ihren Gewinn nach Maßgabe der Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) oder im Wege pauschalierter Gewinnermittlungen (§§ 5a oder 13a EStG) ermitteln.

Das Erfordernis der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich erstreckt sich auch auf mögliche Beteiligungen an Personengesellschaften, die – ungeachtet ihrer vermögensverwaltenden, land- und forstwirtschaftlichen, gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit – dem Betriebsvermögen zuzuordnen sind (vgl. BFH, Beschluss v. 11.4.2005, GrS 2/02, BStBl 2005 II S. 679). Dabei ist es bei mehrstöckigen Personengesellschaften nicht erforderlich, dass die Untergesellschaft ihrerseits den Gewinn nach § 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 EStG ermittelt. Maßgeblich ist vielmehr, dass die Obergesellschaft ihren Gewinnanteil aus der Beteiligung nach den Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleichs gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 EStG erfasst.

Ausgeschlossene Gewinnanteile

Ein Veräußerungsgewinn, für den entweder der Freibetrag gem. § 16 Abs. 4 EStG oder die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG beansprucht wird, ist grundsätzlich von der Anwendung des § 34a EStG ausgeschlossen (§ 34a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 EStG). Dies gilt selbst dann, wenn nach Abzug des Freibetrags ein zu versteuernder Gewinn verbleibt, der entweder die Ermäßigungshöchstgrenze des § 34 Abs. 3 EStG übersteigt oder – etwa im Falle einer Körperschaftsbeteiligung – dem Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. b EStG unterliegt. Dies wird zu Recht in der Literatur kritisiert, da für die übersteigenden Beträge keine Doppelbegünstigung entsteht (z. B. Ratschow in: Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 34a EStG, Rz. 22).

Anders verhält es sich hingegen bei nicht entnommenen Veräußerungsgewinnen, etwa bei der Veräußerung eines Teilbetriebs oder eines im Betriebsvermögen gehaltenen Mitunternehmeranteils, sofern kein Antrag auf Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG oder Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG gestellt wurde. In solchen Fällen steht der Weg zur Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG offen.

Trifft der Steuerpflichtige auf eine Fallkonstellation, in der sowohl die Voraussetzungen des § 34a EStG als auch jene der Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG erfüllt sind, liegt es in seinem Ermessen, welche Begünstigungsnorm zur Anwendung kommen soll.

Erstmals äußert sich das BMF zur Berücksichtigung von betrieblichen Sondergewinnen. Ausgeschlossen von § 34a EStG ist demnach der Übergangsgewinn der beim Wechsel der Gewinnermittlungsart von § 4 Abs. 3 EStG auf § 4 Abs. 1 EStG oder § 5 EStG entsteht. Berücksichtigung im Rahmen des § 34a EStG findet jedoch gem. BFH-Urteil v. 9.5.2019 (IV R 13/17, BStBl 2019 II S. 754) der Übernahmegewinn i. S. d. § 4 Abs. 4 Satz 1 UmwStG, da dieser Teil des Steuerbilanzgewinns ist.

Verlustberücksichtigung

§ 34a EStG greift nicht in die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 2 Abs. 5 EStG) ein. Die allgemeinen Vorschriften über den Verlustausgleich und den Verlustabzug bleiben uneingeschränkt vorrangig und sind auch bei Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung zu beachten (vgl. BFH, Urteil v. 20.3.2017, X R 65/14, BStBl 2017 S. 958). Dies war bereits im vergangenen BMF-Schreiben zu § 34a EStG die Auffassung der Finanzverwaltung und wurde durch das genannte BFH-Urteil bestätigt.

Dies bedeutet insbesondere: Liegen zwar begünstigungsfähige Gewinne vor, führt jedoch der Gesamtbetrag der Einkünfte zu einem negativen zu versteuernden Einkommen, scheidet die Anwendung des § 34a EStG aus. Ein etwaiger Verlust – sei es durch horizontalen oder vertikalen Verlustausgleich oder durch Verlustabzug nach § 10d EStG – ist vorrangig zu verrechnen.

Antragsstellung

Die Antragsstellung erfolgt grds. im Rahmen der Einkommensteuererklärung für jeden Betrieb und Mitunternehmeranteil gesondert, dies gilt auch für die Gewinnhöhe, auf die sich die Begünstigung beziehen soll.

Bei Mitunternehmerschaften ist zu beachten, dass der Antrag nur gestellt werden kann, wenn der Steuerpflichtige mehr als 10 % am Gewinn (inkl. Sonder- und Ergänzungsbilanzen) beteiligt ist oder der Gewinnanteil mehr als 10.000 EUR beträgt (§ 34a Abs. 1 Satz 4 EStG). Klargestellt wurde nun, dass es sich bei dem maßgeblichen Gewinn für die Antragstellung bei Mitunternehmerschaften um den Steuerbilanzgewinn handelt.

Die Abgabe und Änderung des Antrags nach § 34a Abs. 1 Satz 1 EStG richtet sich nach den allgemeinen Regeln zur Ausübung von Wahlrechten (vgl. AEAO Nr. 8 zu §§ 172–177). Eine Korrektur ist nach Eintritt der Bestandskraft nur möglich, wenn die Voraussetzungen der §§ 129, 164, 165 oder 172 ff. AO erfüllt sind. Unabhängig davon kann der Antrag bis zur Unanfechtbarkeit des Bescheids für das Folgejahr ganz oder teilweise widerrufen werden (§ 34a Abs. 1 Satz 5 EStG).

Neu aufgenommen wurden die verfahrensrechtlichen Folgen der Antragstellung und der Antragsrücknahme. Wird der Antrag nach § 34a Abs. 1 EStG erstmals gestellt oder erhöht, beginnt der Zinslauf gem. § 233a Abs. 2a AO erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres der Antragstellung. Diese Rechtsfolge ist auch mit dem im Rahmen des WtChancenG neu eingeführten § 34a Abs. 1 Satz 3 EStG manifestiert. Die vollständige oder teilweise Rücknahme des Antrags gilt laut BMF-Schreiben als rückwirkendes Ereignis (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO); der Beginn des Zinslaufs verschiebt sich entsprechend auf 15 Monate nach Ende des Rücknahmejahres. Ob dem tatsächlich so ist wird in der Literatur teilweise kritisch gesehen (z. B. Lammers in: BeckOK EStG, § 34a EStG). Die Auslegung der Finanzverwaltung führt jedoch zu dem – aus Sicht des Steuerpflichtigen positiven – Ergebnis, dass durch die Rücknahme des Antrags kein Zinsschaden für den Zeitraum ab dem ursprünglichen Veranlagungsjahr bis zum Jahr der Rücknahme entsteht.