Ob Unternehmensnachfolge, Gemeinnützigkeit oder Nachlassgestaltung: Immer öfter geht der Beratungsbedarf von Mandanten über die allgemeine Steuerberatung hinaus. Insbesondere für internationale Geschäftstätigkeiten und oft sehr branchenspezifische Probleme fordern Mandanten präzise Lösungen. Hier setzt der Fachberater an: Die Qualifikation befähigt Steuerberater, sich in einem Spezialgebiet zu profilieren und ihre Expertise unter Beweis zu stellen. Steuerberaterkammern, der Deutsche Steuerberaterverband (DStV) und Institute wie das IFU/ISM verleihen diese Titel. Wer sich spezialisieren will, wählt aus vielfältigen Angeboten, die sich jedoch deutlich unterscheiden.
Für Steuerberater gibt es verschiedene Möglichkeiten zum Fachberater
Die Steuerberaterkammern verleihen genau zwei Fachberater-Titel – und diese sind amtlich. Sie dürfen nur von Steuerberatern geführt werden, die die entsprechenden Prüfungen bei einer Steuerberaterkammer abgelegt haben. Der DStV bietet gleich neun Fachberater-Titel an und orientiert sich dabei an den gleichen Qualitätsmaßstäben wie die Steuerberaterkammern, allerdings sind die DStV-Titel nicht amtlich.
Die Fachberater-Qualifikationen des IFU und anderer privater Institute sind ebenfalls am Markt anerkannt, und ebenfalls nicht amtlich. Um die vielfältigen Fachberater-Titel zu unterscheiden, müssen alle nichtamtlichen Fachberaterbezeichnung einen Klammerzusatz führen – zum Beispiel „(DStV e.V.)“ oder „(IFU/ISM gGmbH)“
Zwei amtliche Fachberater-Titel von den Steuerberaterkammern
Die zwei von den Steuerberaterkammern verliehenen Fachberater-Titel für „Internationales Steuerrecht“ und „Zölle und Verbrauchsteuern“ sind amtlich. Sie dürfen daher als amtliche Zusatzbezeichnung direkt neben der Berufsbezeichnung geführt werden und bieten Steuerberatern die Möglichkeit, ihre Kenntnisse und ihr Leistungsangebot auf steuerrechtlichen Spezialgebieten gegenüber Mandanten und potenziellen Mandanten deutlich darzustellen. „Die grenzüberschreitenden Aktivitäten von Unternehmen nehmen ständig zu. Damit einher geht ein verstärkter Beratungsbedarf“, sagt BStBK-Geschäftsführerin Claudia Kalina-Kerschbaum. Die beiden genannten Fachberater-Titel würden somit dem wachsenden Bedarf der Mandanten nach Beratung auf derartigen Spezialgebieten Rechnung tragen.
„Das Konzept der beiden Fachberater hat sich bewährt. Insbesondere der Fachberater für Internationales Steuerrecht wird stark nachgefragt und hat sich zu einem Erfolgsmodell entwickelt“, sagt Kalina-Kerschbaum. Zum 1.1.2025 gab es laut BStBK bundesweit insgesamt 1.751 Fachberater*innen für Internationales Steuerrecht. Die Zahl der Fachberater*innen für Zölle und Verbrauchsteuern betrug 53. Angesichts der zunehmenden Bedeutung des EU-Binnenmarkts und der fortscheitenden Globalisierung der Wirtschaft geht Kalina-Kerschbaum davon aus, dass die Fachberater-Spezialisierung auch zukünftig gefragt sein wird. „Der Fachberater ist in der Öffentlichkeit aufgrund seiner nachgewiesenen besonderen fachlichen Qualifikation hoch angesehen und ist darüber hinaus ein gutes Instrument zur Vermarktung von Spezialwissen“, sagt Kalina-Kerschbaum.
Eine Ausweitung der Fachberater-Titel der Steuerberaterkammern ist derzeit nicht jedoch geplant. Die Schaffung einer Vielzahl weiterer Fachberater – ähnlich wie bei den Rechtsanwälten – wird insbesondere in Bereichen, die keine besondere vertiefte Spezialisierung erfordern und zu den klassischen Steuerrechtsgebieten gehören, sogar kritisch gesehen. „Grundsätzlich sind Steuerberater so gut ausgebildet, dass sie eine umfassende steuerliche Beratung anbieten können“, sagt Kalina-Kerschbaum.
Fachberater sind zur etablierten Marke geworden
Die DStV-Fachberater-Titel ermöglichen Steuerberatern, sich auf zusätzliche Themenfelder zu spezialisieren, die über die klassischen steuerrechtlichen Fachberatergebiete der Kammern hinausgehen. Die „Fachberater (DStV e.V.)“ decken Aspekte der vereinbaren Tätigkeiten des Steuerberaters nach § 57 Abs. 3 StBerG ab und erfordern insbesondere betriebswirtschaftliche Kenntnisse.
Beim DStV stellt man seit vielen Jahren fest, dass die Spezialisierung bei Steuerberatern zunehmend an Bedeutung gewinnt. „Heute gehört insbesondere die betriebswirtschaftliche Beratung zum festen Leistungsangebot vieler Kanzleien. Sie sind nicht nur in Sachen Steuern, sondern auch in Wirtschaftsfragen der erste Ansprechpartner für kleine und mittelständische Unternehmen“, sagt Christian Michel, Referatsleiter Recht und Berufsrecht beim Deutschen Steuerberaterverband (DStV).
Deshalb verwundere es nicht, dass mehr als 2.900 Berufsangehörige bereits über eine Fachberaterbezeichnung des DStV im Bereich der sogenannten vereinbaren Tätigkeiten verfügen, zu denen vor allem auch die betriebswirtschaftliche Beratung zählt. „Die Zusatzqualifikation zum Fachberater (DStV e.V.) ist inzwischen branchenübergreifend zu einer etablierten Marke geworden“, sagt Michel.
Fachberaterkonzept des DStV erfolgreich erweitert
Seit seinem Start im Jahr 2006 wurde das bewährte Fachberaterkonzept des DStV erfolgreich um weitere Fachgebiete erweitert. Neu hinzugekommen ist beispielsweise im Jahr 2014 der Fachberater für das Gesundheitswesen (DStV e.V.), der die Beratung etwa von Arztpraxen oder medizinischen Versorgungszentren (MVZ) in den Fokus rückt. Diese Spezialisierung stößt laut Michel seit ihrer Einführung auf reges Interesse.
Jüngstes Mitglied in der DStV-Fachberaterfamilie ist seit dem Jahr 2023 der Fachberater für Gemeinnützigkeit (DStV e.V.). Hier steht ein qualifiziertes Beratungsangebot für bundesweit über 600.000 gemeinnützige Organisationen im Fokus, wenn es etwa darum geht, den ideellen Tätigkeitsbereich zu sichern oder im Einklang mit dem Steuerrecht auch wirtschaftlich tätig zu sein.
Spitzenreiter bei den Spezialisierungen ist der Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.). Aber auch die Bereiche Restrukturierung und Unternehmensplanung sowie Nachlassgestaltung und Testamentsvollstreckung erfreuen sich laut Michel seit Jahren einer regen Nachfrage. (Ein Register mit allen anerkannten Fachberatern (DStV e.V.) ist über die Webseite www.fachberaterdstv.de abrufbar).
Dem DStV ist es wichtig, sein Fachberaterkonzept beständig weiterzuentwickeln. „Dabei geht es uns darum, die bestehenden Fachberaterbezeichnungen regelmäßig inhaltlich an die Erfordernisse der Praxis anzupassen. Das heißt aber auch, neue Spezialisierungen zu entwickeln, wenn ein Bedarf erkennbar wird. Außerdem bedeutet Weiterentwicklung für den DStV, konzeptionell am Puls der Zeit zu bleiben“, sagt Michel. Deshalb wird die Aus- und Fortbildung für Fachberater (DStV e.V.) zu einem großen Teil sowohl in Präsenz als auch online angeboten. So lässt sie sich leichter in den Kanzleialltag integrieren. Aus diesem Grund sind auch die Fachlehrgänge zunehmend im Format eines Blended-Learning konzipiert. Das ermöglicht für die Teilnehmenden, das Wissen in gut verdaulichen Portionen zu erwerben.
Fachberater schärfen die Positionierung
Somit zeigt sich: Ein Fachberater-Titel bringt einige klare Vorteile mit sich. Mit ihm erhöht sich die Fachkompetenz in einem speziellen Beratungsfeld deutlich, was nicht nur die Qualität der Beratung verbessert, sondern auch die Mandantenbindung stärkt. Mandanten schätzen spezialisiertes Wissen, vor allem in komplexen und beratungsintensiven Bereichen wie der Unternehmensnachfolge oder dem internationalen Steuerrecht.
Außerdem lassen sich mit einem Fachberater-Titel oft höhere Honorare durchsetzen. Spezialisierte Beratung wird am Markt stärker nachgefragt und kann daher entsprechend vergütet werden. Steuerkanzleien, die über Fachberater verfügen, können sich zudem besser am Markt positionieren und neue Mandanten gewinnen, die auf der Suche nach Expertenwissen sind.
Auch intern kann eine solche Qualifikation Vorteile bringen: Fachberater können in Kanzleien als zentrale Ansprechpartner für spezielle Themen fungieren und so die Effizienz der internen Arbeitsabläufe steigern. Komplexe Mandate können gezielt an Fachleute weitergegeben werden, was sowohl die Qualität der Beratung als auch die Mandantenzufriedenheit erhöht.
Aufwand und Potenziale abwägen
Allerdings darf nicht verschwiegen werden, dass der Erwerb eines Fachberater-Titels mit Aufwand verbunden ist. Die Weiterbildung kostet Zeit und Geld und erfordert regelmäßige Fortbildungen, um den Titel zu behalten. Auch der Prüfungsaufwand muss bedacht werden. Daher ist es wichtig, vorab genau abzuwägen, ob der gewählte Fachbereich in der eigenen Kanzlei tatsächlich Potenzial bietet. Eine Marktanalyse kann hier sinnvoll sein, um die Nachfrage nach spezialisierten Beratungsleistungen besser einschätzen zu können.
Bleibt festzuhalten: Eine Fachberater-Qualifikation ist zwar nicht zwingend notwendig, sie kann aber durchaus eine sinnvolle Investition in die eigene Karriere und die Wettbewerbsfähigkeit der Kanzlei darstellen. Insbesondere in Zeiten zunehmender Spezialisierung und wachsender Mandantenansprüche bieten Fachberater-Titel eine gute Möglichkeit, der Nachfrage gerecht zu werden und sich gleichzeitig vom Markt positiv abzuheben. Bisher verschwanden keine Fachberater-Titel. Im Gegenteil. Das Konzept hat sich bewährt. Man darf außerdem davon ausgehen, dass Mandanten auch künftig gezielt Experten suchen. Die Spezialisierung zum Fachberater öffnet dafür neue Türen.