Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat mit einem aktuellen Urteil einen Rücknahme- und Rückforderungsbescheid der Bezirksregierung zur Überbrückungshilfe III aufgehoben. Der Fall betrifft den Fußball-Profiverein Fortuna Düsseldorf, ist aber auch für andere Unternehmen mit Corona-unabhängigen Sondereffekten von Bedeutung.

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf sieht einen Ermessensfehler der Bezirksregierung in der fehlenden einheitlichen Verwaltungspraxis zur Frage, ob Umsatzrückgänge „ausschließlich“ Corona-bedingt sein müssen (

VG Düsseldorf, Urteil v. 15.4.2025, 16 K 937/22
).

Sachverhalt: Umsatzrückgang durch Corona und Ligaabstieg

Der klagende Fußballverein, der eine Profisportabteilung betreibt, beantragte im Mai 2021 die Gewährung von Überbrückungshilfe III (ÜBH III) für den Zeitraum November 2020 bis Juni 2021 in Höhe von rund 1,9 Mio. EUR. Mit Bescheid vom Dezember 2021 bewilligte das beklagte Land eine Billigkeitsleistung in Höhe von ca. 1,73 Mio. EUR.

Im Rahmen eines späteren Antrags auf Überbrückungshilfe III Plus wurde dem Beklagten bekannt, dass der Verein zum Ende der Bundesliga-Saison 2019/2020 von der ersten in die zweite Fußball-Bundesliga abgestiegen war (was wohl durch Medienberichte ohnehin Allgemeinwissen war). Nach einer Anhörung des Vereins nahm die Bezirksregierung den Teilbewilligungsbescheid zurück und forderte den gesamten Betrag mit der Begründung zurück, dass die Umsatzeinbrüche nicht ausschließlich Corona-bedingt, sondern in beträchtlichem Umfang auch abstiegsbedingt gewesen seien.

Der Verein hatte im Anhörungsverfahren eine korrigierte Umsatzberechnung vorgelegt, in der bestimmte Posten (außerordentliche Erträge, Einnahmen vom Hauptsponsor, Einnahmen aus dem DFB-Pokal, Infront Signing Fees und TV-Gelder) als nicht Corona-bedingt aus den Umsätzen herausgerechnet wurden. Nach seiner Auffassung resultierten die Corona-bedingten Umsatzeinbrüche aus Zuschauerbeschränkungen, abgesagten Veranstaltungen, geringeren Umsätzen aus Merchandise-Shops und Lizenzüberlassungen sowie fehlenden Einnahmen der Fußballschule.

Entscheidungsgründe: Uneinheitliche Verwaltungspraxis

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat der Klage stattgegeben und den Rücknahmebescheid aufgehoben. Die zentrale Begründung: Die Behörde konnte keine einheitliche, willkürfreie Verwaltungspraxis des Landes nachweisen, nach der Umsatzrückgänge in der Förderphase der ÜBH III nur dann förderfähig sind, wenn sie „ausschließlich“ Corona-bedingt waren.

Prüfung der tatsächlichen Verwaltungspraxis

Zur Feststellung der tatsächlichen Verwaltungspraxis hatte das Gericht alle Bezirksregierungen des Landes Nordrhein-Westfalen angefragt. Dabei zeigte sich, dass die Bewilligungsbehörden unterschiedliche Praktiken anwandten, insbesondere bei Fällen mit grundlegenden Änderungen der Geschäftsbedingungen, die zeitlich mit den Pandemiemaßnahmen zusammenfielen.

Das Gericht stellte fest, dass die Behörden in einem ersten Schritt übereinstimmend die Corona-Bedingtheit in der Phase der ÜBH III wegen der seinerzeit strengen Lockdowns grundsätzlich nicht gesondert prüften. Nur bei „evidenten Zweifeln“ oder „Störgefühlen“ wurden Rückfragen gestellt. Die weitere Ausgestaltung dieser Plausibilitätsprüfung und deren Ergebnisse waren jedoch uneinheitlich.

Abweichende Handhabung in vergleichbaren Fällen

Besonders deutlich wurde dies an zwei Punkten:

  • Die Bezirksregierung Münster hatte im Fall des SC Paderborn, der ebenfalls in der Saison 2019/2020 in die 2. Bundesliga abgestiegen war, nach Bestätigung eines mindestens 30-prozentigen Corona-bedingten Umsatzeinbruchs durch den prüfenden Dritten eine Teilbewilligung erteilt. Eine solche Bestätigung hatte auch der prüfende Dritte des Klägers vorgelegt, ohne dass dies von der Bezirksregierung als ausreichend erachtet wurde.
  • Die Bezirksregierung Köln hielt in bestimmten Fallkonstellationen ein „Herausrechnen einzelner Umsatzteile“ für möglich und aus Gründen der Gleichbehandlung sogar für geboten. Ein solches Herausrechnen hatte auch der prüfende Dritte des Klägers im Rücknahmeverfahren vorgeschlagen.

Damit war die vom beklagten Land behauptete einheitliche Verwaltungspraxis, nach der eine „ausschließliche“ Corona-Bedingtheit Voraussetzung für eine Förderung sei, nicht nachweisbar.

Bedeutung für die Praxis: Grundsätze über den Profifußball hinaus

Das Urteil hat erhebliche Bedeutung über den Einzelfall hinaus und kann auch für andere Unternehmen relevant sein, die während der Pandemie mit zusätzlichen, nicht Corona-bedingten Faktoren konfrontiert waren, die Umsatzrückgänge verursacht haben:

  1. Keine „Ausschließlichkeit“ erforderlich: Das Gericht stellt klar, dass die Verwaltungspraxis bei der ÜBH III nicht einheitlich eine „ausschließliche“ Corona-Bedingtheit von Umsatzrückgängen forderte. Dies entspricht auch dem Zweck der Überbrückungshilfen, der in der Sicherung der wirtschaftlichen Existenz von Unternehmen bei Corona-bedingten Umsatzausfällen liegt.
  2. Herausrechnen einzelner Umsatzteile möglich: In besonderen Fallkonstellationen kann ein Herausrechnen von Umsatzanteilen, die nachweislich nicht Corona-bedingt waren, zur Ermittlung des relevanten Umsatzrückgangs zulässig sein. Dies wurde von mindestens einer Bezirksregierung als Möglichkeit zur Gleichbehandlung angesehen.

  3. Bedeutung der Verwaltungspraxis: Bei freiwilligen Billigkeitsleistungen wie der ÜBH III ist die tatsächliche Verwaltungspraxis entscheidend. Das Gericht betont, dass nicht die abstrakte Auffassung des Landes maßgeblich ist, sondern die feststellbare tatsächliche Praxis der Behörden.

  4. Gleichbehandlungsgrundsatz: Eine uneinheitliche Verwaltungspraxis kann zu einer Benachteiligung führen und gegen den Gleichheitssatz verstoßen. Spätere Korrekturen im Schlussabrechnungsverfahren können eine von Anfang an gleichförmige Praxis nicht ersetzen.

Aber: Ob sich hieraus eine einheitliche Rechtsprechung bildet, ist völlig offen. Die Entscheidung kann daher nur als erstes gutes Signal gesehen werden.

Fazit: Rückforderungen auf wackeligen Beinen

Die Entscheidung zeigt, dass Rückforderungen von bereits bewilligten Überbrückungshilfen auf unsicherer Grundlage stehen können, wenn die Verwaltungspraxis zur Prüfung der Corona-Bedingtheit von Umsatzrückgängen jedenfalls bei der Überbrückungshilfe III in Nordrhein-Westfalen nicht einheitlich war. Betroffene Unternehmen sollten Rückforderungsbescheide daher kritisch prüfen lassen, insbesondere wenn neben Corona weitere Faktoren zu Umsatzrückgängen beigetragen haben.

Für Berater ist zu beachten, dass die Ermittlung der tatsächlichen Verwaltungspraxis ein entscheidender Faktor im Rechtsschutz sein kann. Eine detaillierte Dokumentation der behördlichen Entscheidungspraxis – auch in vergleichbaren Fällen – kann dabei wesentlich zum Erfolg beitragen.

Obwohl das Urteil einen Profifußballverein betrifft, sind die grundlegenden Aussagen zur Corona-Bedingtheit und zur Bedeutung der Verwaltungspraxis für alle Branchen relevant, in denen neben der Pandemie weitere Faktoren zu Umsatzrückgängen geführt haben können.

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