Beteiligungsgesellschaften, Fonds und Vermögensholdinggesellschaften werden von den Bewilligungsstellen zunehmend als Teil eines Unternehmensverbunds gewertet – mit weitreichenden Konsequenzen für die Förderfähigkeit.

Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen.

Warum Beteiligungsgesellschaften plötzlich zum Problem werden

Viele Unternehmen und Steuerberater gingen bei der Antragstellung davon aus, dass nur unmittelbar operativ tätige Gesellschaften als Verbundunternehmen zu betrachten sind. Die Bewilligungsstellen legen die Verbunddefinition jedoch deutlich weiter aus.

Die maßgebliche Definition des Unternehmensverbunds

Bei den Corona-Überbrückungshilfen gilt die Definition des Unternehmensverbunds nach dem EU-Beihilferecht, insbesondere nach Anhang I Art. 3 Abs. 3 VO (EU) Nr. 651/2014. Danach gelten als „verbundene Unternehmen“ alle Unternehmen, die zueinander in einer der folgenden Beziehungen stehen:

  • Ein Unternehmen hält die Mehrheit der Stimmrechte der Anteilseigner oder Gesell-schafter eines anderen Unternehmens.
  • Ein Unternehmen ist berechtigt, die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Lei-tungs- oder Aufsichtsgremiums eines anderen Unternehmens zu bestellen oder abzuberufen.
  • Ein Unternehmen kann kraft eines Vertrags oder einer Klausel in der Satzung beherrschenden Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausüben.
  • Ein Unternehmen kann kraft einer Vereinbarung die alleinige Kontrolle über die Mehrheit der Stimmrechte der Anteilseigner oder Gesellschafter eines anderen Unternehmens ausüben.

Entscheidend ist dabei, dass nicht nur die unmittelbare operative Tätigkeit, sondern der beherrschende Einfluss auf die betriebliche und finanzielle Strategie ausschlaggebend ist. Dadurch fallen auch Beteiligungsgesellschaften, Fonds und Holding-Strukturen unter diese Definition, da sie als eigenständige Unternehmen mit wirtschaftlicher Tätigkeit am Kapitalmarkt qualifiziert werden – so zumindest die Bewilligungsstellen und das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Einzelheiten sind hier jedoch streitig, dennoch gehen die Bewilligungsstellen hier von einer sehr weiten Auslegung aus.

Beteiligungsgesellschaften werden von den Bewilligungsstellen nicht als bloße „Durchleitungs-Vehikel“ betrachtet, sondern als eigenständige Unternehmen mit wirtschaftlicher Tätigkeit am Kapitalmarkt. Diese Sichtweise hat aus Sicht des BMWK ihre Grundlage in der europäischen Rechtsprechung, insbesondere in der EuGH-Entscheidung „Cassa di Risparmio di Firenze“ v. 10.1.2006, wonach Beteiligungsgesellschaften als Unternehmen zu qualifizieren sind.

Besonders problematisch: Zwischengeschaltete Holdinggesellschaften ohne eigene Mitarbeiter unterbrechen die Verbundkette nicht. Dies führt dazu, dass auch Unternehmen mit völlig unterschiedlichen Geschäftsfeldern plötzlich als Verbund gelten, wenn sie durch eine gemein-same Beteiligungsstruktur verbunden sind.

Stellen Sie sich folgendes fiktives Szenario vor: Der Private-Equity-Fonds „Growth Capital Partners“ (GCP) hält über seine Tochtergesellschaft „GCP Holding GmbH“ (eine Gesellschaft ohne eigene Mitarbeiter) jeweils 60 % der Anteile an zwei völlig unterschiedlichen Unternehmen:

  1. „Bayern Brau GmbH“ – eine mittelständische Brauerei in München mit 45 Mitarbeitern,
  2. „DigiTech Solutions GmbH“ – ein IT-Dienstleister in Hamburg mit 35 Mitarbeitern.

Beide Unternehmen agieren völlig unabhängig voneinander. Sie haben unterschiedliche Geschäftsführer, verschiedene Geschäftsmodelle, bedienen unterschiedliche Märkte und waren auch von den Pandemie-Einschränkungen in unterschiedlichem Maße betroffen. Die Brauerei litt stark unter Gastronomieschließungen, während das IT-Unternehmen durch den Digitalisierungsschub sogar profitierte.

Bei der Antragstellung für die Überbrückungshilfe beantragte die „Bayern Brau GmbH“ Unterstützung als eigenständiges Unternehmen, da die Geschäftsführung davon ausging, dass keine operativen Verflechtungen mit anderen Unternehmen bestehen.

In der Schlussabrechnung stellt die Bewilligungsstelle jedoch fest:

  1. Die „GCP Holding GmbH“ gilt als Verbundunternehmen aufgrund der Mehrheitsbeteiligung.
  2. Der Fonds „Growth Capital Partners“ ist ebenfalls Teil des Verbunds.
  3. Die „DigiTech Solutions GmbH“ gehört als weiteres Tochterunternehmen ebenfalls zum Verbund.

Die weitreichenden Folgen der Verbundbetrachtung

Die Konsequenzen dieser erweiterten Verbundbetrachtung sind erheblich:

  1. Konsolidierungspflicht: Sämtliche Umsätze aller zum Verbund gehörenden Unternehmen müssen konsolidiert werden – auch jener, die selbst keinen Antrag gestellt haben. Dies kann dazu führen, dass die ursprünglich angegebenen Umsatzeinbrüche plötzlich geringer ausfallen. Die Bewilligungsstellen sind dabei sogar der Ansicht, dass die Fixkosten der Unternehmen, die zum Unternehmensverbund hinzutreten und die keine eigenständigen Anträge auf Überbrückungshilfen gestellt haben, nicht berücksichtigt werden (nur die Umsätze anspruchsmindernd). Das ist allerdings sehr umstritten und in der Rechtsprechung nicht geklärt.
  2. Keine internen Zahlungen förderfähig: Zahlungen zwischen verbundenen Unternehmen (etwa für Mieten) sind nicht förderfähig. Dies kann erhebliche Auswirkungen auf die anerkennungsfähigen Fixkosten haben.
  3. Beihilfegrenzen: Durch die Konsolidierung können Beihilfegrenzen überschritten werden, die dazu führen, dass Rückforderungen allein rechnerisch durch die Schwellenüberschreitung entstehen.
  4. Umsatzschwellen-Überschreitung: Bei weltweitem Umsatz über 750 Mio. EUR im Jahr 2020 besteht ein Ausschlusskriterium für die Förderung – eine Schwelle, die durch die Einbeziehung von Beteiligungsgesellschaften und deren weiteren Beteiligungen schneller überschritten wird als gedacht.

Typische Problemkonstellationen

Besonders oft betroffen sind:

  • Unternehmen mit Private-Equity-Beteiligungen, bei denen der Fonds weitere Beteili-gungen an anderen Unternehmen hält,
  • Familienunternehmensgruppen mit Vermögensholdinggesellschaften,
  • Konzernstrukturen mit 100%-Beteiligungen durch zwischengeschaltete Holdings.

In all diesen Fällen müssen nicht nur die operativ tätigen Gesellschaften betrachtet werden, sondern auch die Beteiligungsgesellschaften selbst sowie alle weiteren Unternehmen, an denen diese beteiligt sind.

Handlungsoptionen für Betroffene

Angesichts dieser Problematik sind folgende Handlungsstrategien zu erwägen:

  1. Sorgfältige Prüfung der Verbundstrukturen: Die gesamte Beteiligungskette muss im Rahmen der Schlussabrechnung kritisch geprüft werden. Besonderes Augenmerk gilt dabei den Definition des Unternehmensverbunds gemäß EU-Beihilferecht, insbesondere Anhang I Art. 3 Abs. 3 VO (EU) Nr. 651/2014.
  2. Saldierungslösung nutzen: Bei mehreren Anträgen innerhalb eines nachträglich festgestellten Verbunds kann die Saldierungslösung genutzt werden, bei der Rückzahlungsansprüche mit Nachzahlungsansprüchen verrechnet werden.
  3. Rechtsrat einholen: Steuerberater und Unternehmen sollten bei dem Thema Unternehmensverbund mit Fonds-/Beteiligungsgesellschaften in der Schlussabrechnung unbedingt Rechtsrat einholen, wenn sie zur Stellungnahme aufgefordert werden. Denn hier stellen sich besonders kritische Rechtsfragen und es sind häufig entlang der Rechtsprechung (auch der europäischen) komplexe Prüfungen notwendig. Es gibt auch noch Verteidigungsmöglichkeiten im Einzelfall – noch ist nicht alles abschließend geklärt zur Einstufung als Holdings und Fonds als Unternehmen im Sinne des EU-Beihilferechts.
  4. Rechtliche Prüfung der Bescheide: Achten Sie auf die genaue Formulierung von Vorbehalten in den Bewilligungsbescheiden. Gemäß aktueller Rechtsprechung (VG Hamburg, Urt. v. 8.5.2024, 16 K 2025/23) beziehen sich Vorbehalte oft nur auf die Höhe der Förderung, nicht auf die Fördervoraussetzungen selbst.
  5. Vertrauensschutz: Im Einzelfall kann auch der Grundsatz des Vertrauensschutzes helfen, wenn die Frage des Unternehmensverbunds bereits im Rahmen des Antragsverfahrens durch die Bewilligungsstelle geprüft worden und beschieden worden ist. Das kann ein Ansatz sein, um sich gegen eine nachträgliche Aufforderung zur Konsoli-dierung im Schlussabrechnungsverfahren zu verteidigen.

Fazit: Sorgfältige Analyse und schnelles Handeln erforderlich

Die erweiterte Verbundbetrachtung unter Einbeziehung von Beteiligungsgesellschaften stellt viele Antragsteller vor erhebliche Herausforderungen. Eine sorgfältige Analyse der Beteiligungsstrukturen ist unumgänglich. Bei drohenden Rückforderungen sollten rechtliche Verteidigungsstrategien unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung entwickelt werden.

Betroffene Unternehmen sollten frühzeitig mit ihren Beratern Kontakt aufnehmen, um mögliche Handlungsoptionen zu evaluieren. Sowohl eine Konsolidierung in der Schlussabrechnung als auch das Einlegen von Rechtsmitteln gegen problematische Bescheide können je nach Einzelfall sinnvoll sein.

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