Der Widerruf einer Steuerberatervollmacht durch Mandanten ist jederzeit formlos möglich. Hierbei ist es aber wichtig, dass auch das Finanzamt rechtzeitig informiert wird, damit ein Steuerbescheid nicht weiterhin wirksam über die Steuerkanzlei bekanntgegeben wird.

So hat der BFH kürzlich entschieden, dass ein Steuerpflichtiger, dass die Bekanntgabe eines Steuerbescheids wirksam bleibt, wenn der Widerruf der Vollmacht erst nach der Aufgabe des Bescheids zur Post beim Finanzamt eingeht (BFH, Urteil v. 11.6.2024, IX R 30/23).

Widerruf der Vollmacht und Bekanntgabe

Im entschiedenen Fall hate ein Steuerpflichtiger seine Steuerberaterkanzlei bevollmächtigt, seine Einkommensteuerbescheide entgegenzunehmen. Diese Vollmacht wurde am 25.3.2021 in die elektronische Vollmachtsdatenbank eingetragen. Am 21.12.2021 erließ das Finanzamt geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2014 und 2015, die zu einer Nachzahlung führten.

Diese Bescheide wurden an die Kanzlei gesendet und gingen dort am 22.12.2021 ein. Der Steuerpflichtige hatte jedoch zwischenzeitlich das Mandat entzogen, sodass Kanzlei die Vollmacht in der Vollmachtsdatenbank am 22.12.2021 löschte und den Widerruf an das Finanzamt weiterleitete. Die Information über den Widerruf ging am 23.12.2021 beim Finanzamt ein. Die Kanzlei leitete die Bescheide per einfachem Brief an den Steuerpflichtigen weiter.

Entscheidung des Finanzgerichts: Unwirksame Bekanntgabe

Das Finanzgericht entschied zunächst zugunsten des Steuerpflichtigen. Es argumentierte, dass die Bescheide nicht wirksam bekanntgegeben worden seien, da der Widerruf der Vollmacht vor dem Bekanntgabedatum, dem 24.12.2021 (nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO) beim Finanzamt eingegangen sei.

BFH-Entscheidung: Bekanntgabe bleibt wirksam

Der BFH hob das Urteil des Finanzgerichts auf. Er stellte klar, dass die Bekanntgabe eines Steuerbescheids an einen Bevollmächtigten wirksam bleibt, wenn der Widerruf der Vollmacht erst nach der Aufgabe des Bescheids zur Post beim Finanzamt eingeht. Nach § 80 Abs. 1 Satz 3 AO wird der Widerruf einer Vollmacht erst wirksam, wenn er der Finanzbehörde zugeht. Bis zu diesem Zeitpunkt kann das Finanzamt Verfahrenshandlungen gegenüber dem Bevollmächtigten vornehmen. Die Bekanntgabe der Bescheide an die Kanzlei war somit wirksam, da der Widerruf erst nach der Aufgabe zur Post beim Finanzamt einging.

Rechtliche Grundlage und Argumentation

Nach § 122 Abs. 1 Satz 3 AO kann ein Verwaltungsakt auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekanntgegeben werden. Die Bekanntgabevermutung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO steht nicht entgegen, dass das Finanzamt nach der Aufgabe zur Post vom Widerruf der Vollmacht Kenntnis erlangt. Der Widerruf wird erst mit Zugang beim Finanzamt wirksam, was hier am 23.12.2021 der Fall war. Die Bekanntgabe an die Kanzlei am 24.12.2021 war somit wirksam.

Der BFH betonte, dass die Finanzbehörde sich auf eine erteilte Vollmacht verlassen kann, bis ihr der Widerruf zugeht. Dies diene der Rechtssicherheit der Behörde. Maßgeblich sei der Zeitpunkt der letzten Behördenhandlung, hier die Aufgabe der Bescheide zur Post. Liegt zu diesem Zeitpunkt eine Vollmacht vor und geht der Verwaltungsakt dem Bevollmächtigten zu, liegt eine wirksame Bekanntgabe vor.

Steuerberater müssen Änderungen der Vollmacht rechtzeitig mitteilen

Im Falle eines Widerrufs oder einer Veränderung der Vollmacht ist der Steuerberater nach § 80a Abs. 1 Satz 3 AO verpflichtet, dies unverzüglich den Landesfinanzbehörden mitzuteilen. Geschieht dies nicht, kann eine Ordnungswidrigkeit i. S. d. § 383b AO vorliegen, die mi einer Geldbuße vom bis zu 10 TEUR geahndet wird.

Parallel sollte das zuständige Finanzamt direkt informiert werden und der Mandant darauf hinwiesen werden, dass ein Widerruf der Vollmacht erst mit Zugang beim Finanzamt wirksam wird. Bis dahin kann das Finanzamt weiterhin Verfahrenshandlungen gegenüber dem Bevollmächtigten vornehmen.