Für Kinder, die keinen Wohnsitz haben und mit ihrer Mutter in einem Wohnmobil durch Deutschland, Dänemark, Belgien, Frankreich, Italien und Österreich reisen, besteht Anspruch auf Kindergeld, wenn der Kindesvater – als Antragsteller – seinen Wohnsitz in Deutschland hat, entschied das FG Münster.

Im Anwendungsbereich des § 63 EStG ist es ausreichend, wenn die Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, dem Gebiet der EU, des EWR oder der Schweiz haben.

Kein fester Wohnsitz der Kinder

Streitig ist, ob der Aufenthalt der Kinder des Klägers im Streitzeitraum im Gebiet der EU für die Gewährung von Kindergeld ausreicht. Die Kindesmutter bezog bis Mai 2022 das Kindergeld für die 3 Kinder und gab Ende Mai 2022 gegenüber der Familienkasse an, dass sie sich und die 3 Kinder aus Deutschland abgemeldet und keine neue Adresse habe.

Der Wohnsitz des Vaters (Kläger) bleibe weiterhin im Inland und das Kindergeld solle auf das Konto des Klägers überwiesen werden. Die Familienkasse lehnte die Festsetzung des Kindergeldes ab Juni 2022 gegenüber dem Kläger ab, da die Kinder nicht mehr berücksichtigt werden könnten, weil sie weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland oder in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den EWR Anwendung findet, hätten.

Nach erfolglosem Einspruch trägt der Kläger mit seiner Klage vor, dass gemäß Art. 67 VO (EG) Nr. 883/2004 eine Person auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats hätte, wie wenn die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden. Nach Auffassung des Klägers sei es ausreichend, dass sich die Personen (hier die Kinder) gewöhnlich in dem Gebiet aufhalten, das sich aus den Grenzen der Mitgliedstaaten der EU, des EWR bzw. der Schweiz ergäbe.

Gewöhnlicher Aufenthalt

Das FG hat der Klage stattgegeben, da der gewöhnliche Aufenthalt nicht an einem konkreten Ort oder in einem bestimmten Gebiet liegen müsse; sondern es vielmehr ausreiche, wenn der Aufenthalt für eine gewisse Dauer im genannten Territorium (EU, EWR, Schweiz) bestehe, und die Kinder sich nicht in Drittstaaten aufhielten.

Da der Kläger im Streitzeitraum im Inland – im Gegensatz zur Kindesmutter – erwerbstätig gewesen sei und die Kindesmutter in keinem einzelnen EU-Staat dauerhaft verweilt habe, sei die Prüfung des Kindergeldanspruchs nach den EU-rechtlichen Koordinierungsvorschriften nicht vorzunehmen gewesen. Letztendlich sei für das FG die Auslegung des Begriffs „gewöhnlich“ durch die Familienkasse aber als nicht von der Gesetzesintention gedeckt anzusehen.

Für das FG war wichtig und entscheidend, dass der Gesetzgeber sicherstellen wollte, dass für Kinder in Drittstatten, die sich nicht in den abgestimmten Systemen der EU und den sozialen Leistungen aufhalten, Kindergeld nicht gezahlt werden solle. Diese Voraussetzung werde im vorliegenden Fall – wenn auch ungewöhnlich – erfüllt.

FG Münster, Urteil v. 12.12.2023, 6 K 514/23 Kg