Werden Beschäftigte wechselnd im Ausland und im Inland tätig, so ist der Lohn oftmals in einen auf den Aufenthalt im Inland entfallenden steuerpflichtigen und einen auf das Ausland entfallenden steuerfreien Teil zu trennen. Die Verwaltung hat aktuell neu geregelt, wie das bereits im Lohnsteuerverfahren funktioniert, einschließlich einer ausgeweiteten Übergangsregelung zur Anwendung der sog. Tagestabelle.

Werden inländische Beschäftigte im Ausland tätig oder arbeiten ausländische Arbeitnehmer vorübergehend in Deutschland, muss geprüft werden, ob der Arbeitslohn im Inland steuerpflichtig ist bzw. ob eine Steuerfreistellung nach einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) infrage kommt. Einzelheiten dazu ergeben sich aus dem sogenannten 183-Tage-Schreiben der Verwaltung, das Ende 2023 zuletzt umfangreich aktualisiert worden ist (BMF, Schreiben v. 12.12.2023, IV B 2 – S 1300/21/10024 :005, vgl. Top-Thema).

Neue Grundsätze für Lohnzahlungszeiträume nach 31.12.2024

Das neue BMF-Schreiben ersetzt das BMF-Schreiben v. 14.3.2017. Die dargestellten Grundsätze sind im Lohnsteuerabzugsverfahren für den laufenden Arbeitslohn anzuwenden, der für einen nach dem 31.12.2024 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, und für sonstige Bezüge, die nach dem 31.12.2024 zufließen.

Nach der Systematik der DBA wird für Lohneinkünfte die Doppelbesteuerung vermieden, indem bestimmt wird, in welchem Umfang das Besteuerungsrecht dem Ansässigkeitsstaat (Wohnsitz) der steuerpflichtigen Person oder dem Tätigkeitsstaat zugewiesen wird.

Eine Besteuerung im jeweiligen Tätigkeitsstaat erfolgt, wenn

  • der Arbeitnehmer sich insgesamt länger als 183 Tage innerhalb eines im jeweiligen Abkommen näher beschriebenen Zeitraums im Tätigkeitsstaat aufgehalten oder die Tätigkeit dort ausgeübt hat oder
  • der Arbeitgeber, der die Vergütungen zahlt, im Tätigkeitsstaat ansässig ist (also einen Sitz hat) oder
  • der Arbeitslohn von einer Betriebsstätte, die der Arbeitgeber im Tätigkeitsstaat hat, getragen wurde.

Ist keine dieser Voraussetzungen erfüllt, bleibt es trotz Tätigkeit bei einer Versteuerung im Wohnsitzstaat. Gleiches gilt natürlich auch für Zeiten, in denen die Tätigkeit im Wohnsitzstaat selbst ausgeführt wird.

Aufteilung von Besteuerungsrechten

Aus dieser Systematik kann sich unterjährig oder sogar in einzelnen Lohnzahlungszeiträumen eine Aufteilung ergeben, wenn das Besteuerungsrecht teilweise dem Tätigkeitsstaat und teilweise dem Wohnsitzstaat zuzuordnen ist. Grundlage für die Aufteilung ist immer die Zahl der tatsächlichen Arbeitstage.

Beispiel 1: A ist vom 1. Januar bis 31. Juli für seinen deutschen Arbeitgeber (Sitz in Freiburg) in Österreich tätig. Der Arbeitgeber hat in Wien eine Betriebsstätte, der A zugeordnet ist. Die vereinbarten Arbeitstage des A belaufen sich auf 220 Tage. Tatsächlich übt A jedoch seine vergütete Tätigkeit an 145 Tagen in Österreich und an 95 Tagen in Deutschland aus (240 Tage). Der aufzuteilende Arbeitslohn beträgt 120.000 EUR. A ist kein sog. Grenzgänger.

Lösung: Der Arbeitslohn ist nach den tatsächlichen Arbeitstagen aufzuteilen. Ihnen ist das aufzuteilende Arbeitsentgelt i.H.v. 120.000 EUR gegenüberzustellen. Es ergibt sich ein aufzuteilendes Arbeitsentgelt pro Arbeitstag i.H.v. 500 EUR (120.000 EUR / 240 tatsächliche Arbeitstage). Österreich besteuert Einkünfte in Höhe von 145 x 500 EUR = 72.500 EUR. Deutschland unterwirft (120.000 EUR – 72.500 EUR = ) 47.500 EUR (entspricht 95 x 500 EUR) der Besteuerung.

Zu einer deutlichen Zunahme von Aufteilungsfällen hat in den letzten Jahren die verstärkte Tätigkeit im Homeoffice geführt, die insbesondere bei Firmen in Grenznähe auch grenzüberschreitend erfolgen kann. Das BMF hat im sog. 183-Tage-Schreiben vom 12.12.2023 in den Rn. 350 ff. einige grundlegende Feststellungen getroffen. Mit Hinweis darauf, dass – abgesehen von ausgewählten DBA – keine besonderen Regelungen existieren, wird auf die auch in diesen Fällen regelmäßig notwendige Aufteilung des Arbeitsentgelts nach tatsächlichen Arbeitstagen verwiesen.

Beispiel 2: Die ausschließlich in Deutschland ansässige B arbeitet für einen in Dänemark ansässigen Arbeitgeber 40 Stunden pro Woche an fünf Tagen die Woche. Von Montag bis Mittwoch übt B die Tätigkeit am betrieblichen Arbeitsplatz in Dänemark aus. Donnerstags arbeitet B vier Stunden in Dänemark und vier Stunden im Homeoffice. Freitags arbeitet B ausschließlich im Homeoffice.

Lösung: Für B sind in diesen Wochen fünf tatsächliche Arbeitstage zu zählen. Davon übt sie 3,5 Tage in Dänemark (Montag bis Mittwoch ganztägig und Donnerstag halbtägig) und 1,5 Tage in Deutschland (Donnerstag halbtägig, Freitag ganztägig) aus.

Achtung: Im Verhältnis zu einigen Staaten (Österreich, Schweiz, Frankreich und Luxemburg) gibt es allerdings Erleichterungen, nach denen eine Aufteilung (teilweise) unterbleiben kann. Beispielsweise sind nach dem DBA-Luxemburg neuerdings bis zu 34 Tage im Homeoffice „unschädlich“ und führen nicht zu einer Aufteilung. Für Österreich, die Schweiz und Frankreich gibt es sog. Grenzgängerregelungen. Beschäftigte, die unter diese speziellen Regelungen fallen, versteuern ihre Einkünfte ohnehin am Wohnsitzstaat.

Aufteilung im Lohnsteuerverfahren

Die Aufteilung muss ein zum Lohnsteuerabzug verpflichteter inländischer Arbeitgeber bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren vornehmen. Die Regeln dafür hat die Verwaltung mit dem BMF-Schreiben v. 8.10.2024 neu aufgestellt. Ersetzt wird damit das bisherige BMF-Schreiben vom 14.3.2017 (BStBl I S. 473).

Beim laufenden Lohnsteuerabzug für den einzelnen Lohnzahlungszeitraum während des Kalenderjahres werden im Hinblick darauf, dass die endgültigen Werte für das Jahr zu diesem Zeitpunkt nicht bestimmt werden können, jetzt folgende Alternativen zugelassen: 

a) Aufteilung nach tatsächlichen Arbeitstagen im gesamten Beschäftigungszeitraum innerhalb eines Kalenderjahres anhand einer Prognose

b) Aufteilung nach tatsächlichen Arbeitstagen im einzelnen Kalendermonat

c) Aufteilung nach pauschal angesetzten Arbeitstagen im gesamten Beschäftigungszeitraum innerhalb eines Kalenderjahres

d) Aufteilung nach pauschal angesetzten Arbeitstagen im einzelnen Kalendermonat

e) Aufteilung nach vereinbarten Arbeitstagen im einzelnen Lohnzahlungszeitraum

Insbesondere die auch schon bisher zulässige Variante e) ist in der Praxis weit verbreitet. Als Pauschalansatz für die neuen Varianten c) und d) gibt die Verwaltung 20 Gesamtarbeitstage je Kalendermonat vor.

Innerhalb eines Dienstverhältnisses darf der Arbeitgeber während des Kalenderjahres nur nach einheitlichen Grundsätzen abrechnen. Zwischen den vorstehenden Alternativen a) – e) darf nicht gewechselt werden. Bei sonstigen Bezügen ist vorrangig eine direkte Zuordnung vorgesehen, andernfalls ist ein Aufteilung nach den Varianten a) oder c) vorzunehmen.

Beispiel 3: Der übliche monatliche Bruttoarbeitslohn im Monat Mai des Kalenderjahres 01 beträgt 3.000 EUR. Außerdem erhält C eine Erschwerniszulage für die Arbeitstage im Inland von 500 EUR. Der in Belgien ansässige C übt seine Tätigkeit im Mai des Kalenderjahres an 5 Arbeitstagen im Inland für einen deutschen Arbeitgeber aus. Die übrigen 10 Arbeitstage des Monats verrichtet er in seinem Home-Office in Belgien.

Lösung (nach den tatsächlichen Arbeitstagen im Kalendermonat, Variante b): Der Erschwerniszuschlag von 500 EUR ist direkt der Tätigkeit im Inland zuzurechnen. Der nicht zuordenbare Betrag von 3.000 EUR wird nach dem Verhältnis der im Inland und Ausland ausgeübten Tätigkeit aufgeteilt:

Inland: 3.000 EUR x 5/15 = 1.000 EUR; Ausland: 3.000 EUR x 10/15 = 2.000 EUR

Steuerpflichtiger Gesamtlohn Inland: 500 EUR (direkt zugeordnet) + 1.000 EUR (Verhältnisrechnung) = 1.500 EUR

Ändert sich die Prognose für die Anzahl der tatsächlichen oder vereinbarten Arbeitstage in einem folgenden Lohnzahlungszeitraum, ist der neu ermittelte Aufteilungsmaßstab ab diesem Lohnzahlungszeitraum anzuwenden. Die bisher vorgenommenen Lohnabrechnungen können zunächst unverändert bleiben.

Anwendung der Tagestabelle

Kommt es in vorstehenden Fällen zu einer Aufteilung von Besteuerungsrechten, führt das neuerdings (eigentlich) zur Anwendung der sog. Tagestabelle. Wenn der Arbeitnehmer in einem Kalendermonat nur zeitweise in Deutschland tätig ist, galt früher, dass bei fortbestehendem Dienstverhältnis auch solche in den Lohnzahlungszeitraum fallende Arbeitstage mitzuzählen sind, für die der Arbeitnehmer keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn bezogen hat.

Nach den aktuellen Lohnsteuerrichtlinien (R 39b.5 Abs. 2 Satz 4 LStR 2023) sind demgegenüber bei der Bemessung des Lohnzahlungszeitraums Arbeitstage, an denen Beschäftigte Arbeitslohn bezogen haben, der nicht dem inländischen Lohnsteuerabzug unterliegt, nicht mehr mitzuzählen (z. B. Bezug von steuerfreiem Arbeitslohn nach DBA oder nur tageweise Beschäftigung im Inland). Die Änderung bedeutet durch die daraus folgende Anwendung der Tagestabelle regelmäßig eine höhere Lohnsteuerbelastung für die Betroffenen.

Wichtig: Nachdem die Verwaltung es bereits für das Jahr 2023 nicht beanstandet hatte, wenn noch nach der alten Regelung verfahren und die Monatstabelle angewendet wird, hat sie die Übergangsregelung jetzt bis Ende 2024 ausgedehnt: Die Grundsätze des neuen BMF-Schreibens zur Aufteilung des Arbeitslohns im Lohnsteuerabzugsverfahren sind für den laufenden Arbeitslohn anzuwenden, der für einen nach dem 31. Dezember 2024 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, und für sonstige Bezüge, die nach dem 31. Dezember 2024 zufließen. Bis dahin wird es aus Vereinfachungsgründen auch nicht beanstandet, wenn die obige Richtlinien-(Neu-)Regelung nicht berücksichtigt wird.

Ab 2025 führt aber an der Anwendung der Tagestabelle wohl kein Weg mehr vorbei. Zur Ermittlung der hierfür maßgeblichen Tage kann eine der nachfolgend genannten Varianten alternativ angewendet werden:

  1. Bei monatlichen Lohnzahlungen können die zur Umrechnung des Arbeitslohns zur tageweisen Lohnsteuerberechnung maßgeblichen Tage (sog. Steuertage) nach dem Verhältnis der Kalendertage zu den Gesamtarbeitstagen ermittelt werden.
  2. Alternativ kann der Arbeitgeber auch die Anwesenheitstage des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin im Inland (Arbeitstage und Nichtarbeitstage) als Steuertage berücksichtigen. In diesem Fall hat der/die Betroffene die Anwesenheitstage im Inland glaubhaft zu machen.

Beispiel 4: D ist bei einem monatlichen Bruttoarbeitslohn von 10.000 EUR an insgesamt 12 Tagen in einem Monat im Ausland sowie an 8 Tagen in Deutschland tätig. Der Aufenthaltsort an Urlaubs‐, Krankheits‐ und Wochenendtagen wurde vom Arbeitgeber nicht ermittelt. Danach sind 6.000 EUR (12/20 des Arbeitslohns) in Deutschland steuerfrei und 4.000 EUR (8/20 des Arbeitslohns) in Deutschland steuerpflichtig.

Lösung: Die Umrechnung des Arbeitslohns zur tageweisen Lohnsteuerberechnung ist nach Variante a) wie folgt vorzunehmen: 30 Kalendertage/20 Gesamtarbeitstage x 8 Arbeitstage in Deutschland = 12 Tage. Damit ist für einen Betrag von 333,33 EUR (= 4.000 EUR/12) die Tageslohnsteuer zu ermitteln und diese mit 12 zu vervielfachen.

Abschließende Ermittlung des Aufteilungsmaßstabs

Der Arbeitgeber muss den innerhalb eines Kalenderjahres durchgeführten Lohnsteuerabzug am Ende des Kalenderjahres oder bei Beendigung des Dienstverhältnisses überprüfen und bei Abweichungen korrigieren. Ab diesem Zeitpunkt ist der Arbeitgeber in der Lage, die tatsächlichen In- und Auslandstage im Beschäftigungszeitraum des Kalenderjahres zu ermitteln, die bei der Überprüfung der Lohnabrechnungen anzusetzen sind. Wahlrechte wie zuvor dargestellt, bestehen bei der (abschließenden) Überprüfung nicht mehr. Es ist stets die Anzahl der tatsächlichen Arbeitstage im In- und Ausland zu berücksichtigen. Dies gilt sowohl für die Aufteilung des verbleibenden Arbeitslohns als auch für die Ermittlung der Lohnsteuer nach der sog. Tagestabelle.

Die Korrektur des bisherigen Lohnsteuerabzugs ist nach dem Verwaltungserlass nunmehr zwingend für den jeweiligen Kalendermonat vorzunehmen. Auch bei einer Korrektur des bisherigen Lohnsteuer­abzugs hat die Ermittlung der Lohnsteuer nach der sog. Tagestabelle für sämtliche Kalendermonate des Kalenderjahres bzw. des Beschäftigungszeitraums zu erfolgen.

Der Arbeitgeber hat die zu viel erhobene Lohnsteuer an den Arbeitnehmer zu erstatten. Noch nicht erhobene Lohnsteuer hat der Arbeitgeber nachträglich einzubehalten. Soweit der Arbeitgeber auf Grund einer Änderung des Lohnsteuerabzugs nach Ablauf des Kalenderjahres nachträglich Lohnsteuer erstattet oder einbehält, handelt es sich um Lohnsteuer des abgelaufenen Kalenderjahres, die zusammen mit der übrigen einbehaltenen Lohnsteuer des abgelaufenen Kalenderjahres in einer Summe in der Lohnsteuerbescheinigung zu übermitteln oder anzugeben ist. Die nachträglich erstattete bzw. einbehaltene Lohnsteuer ist für den Anmeldungszeitraum, gegebenenfalls getrennt nach den Kalenderjahren in denen der Arbeitslohn bezogen wird oder als bezogen gilt, anzugeben und abzuführen, in dem sie erstattet oder einbehalten wurde (§ 41a Abs.1 Satz 1 Nr. 1 EStG).

Zusammenfassung

Mit dem BMF-Schreiben vom 8.10.2024 wird der Verwaltungserlass zur Ermittlung des steuerfreien und steuerpflichtigen Arbeitslohns nach den Doppelbesteuerungsabkommen sowie nach dem Auslandstätigkeitserlass im Lohnsteuerabzugsverfahren aktualisiert und an bestehende Richtlinienregelungen angepasst. Die Grundsätze des neuen BMF-Schreibens sind im Lohnsteuerabzugsverfahren ab 2025 zwingend anzuwenden.

Insbesondere folgende Neuerungen bzw. Änderungen im Vergleich zum bisherigen Erlass (BMF, Schreiben v. 14.3.2017) sind zu beachten:

  • Ergänzung um weitere Aufteilungsalternativen für den laufenden Arbeitslohn (pauschal 20 Tage pro Monat) – eine Aufteilung nach vereinbarten Arbeitstagen ist hingegen nur noch für den Kalendermonat möglich.
  • Tageweise Lohnsteuerberechnung: durchgehende Anwendung der Tagestabelle ab 2025.
  • Überprüfung der durchgeführten Lohnabrechnungen für den einzelnen Kalendermonat: eine Überprüfung zum Ende des Kalenderjahres durch eine einzige Korrektur ist nicht mehr zulässig.

Tipp: Das BMF-Schreiben vom 8.10.2024 enthält am Ende zwei umfangreiche Beispiele, die insbesondere die ggf. notwendigen Korrekturen und auch die Komplexität des Verfahrens aufzeigen. Etwas einfacher wird es, wenn nicht in allen Monaten eine Aufteilung erfolgt und/oder die vorläufige Aufteilung bereits zutreffend war.

BMF, Schreiben v. 8.10.2024, IV C 5 – S 2367/23/10001 :001