Zur Ermittlung der tatsächlichen Kosten für sonstige berufliche Fahrten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 1 EStG ist eine Leasingsonderzahlung den einzelnen Veranlagungszeiträumen während der Laufzeit des Leasingvertrags zuzuordnen.

Hintergrund: Gesetzliche Regelung

Aufwendungen des Arbeitnehmers für beruflich veranlasste Fahrten, die nicht Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 4 EStG sowie keine Familienheimfahrten sind (sonstige berufliche Fahrten), sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 1 EStG in ihrer tatsächlichen Höhe als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Sachverhalt: Zuordnung einer Leasingsonderzahlung

Der Kläger erzielte im Streitjahr 2019 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Im Hinblick auf ein zum 1.1. 2019 neu aufgenommenes Beschäftigungsverhältnis als Außendienstmitarbeiter leaste der Kläger im Dezember 2018 einen PKW. Ebenfalls im Jahr 2018 leistete er eine Leasingsonderzahlung in Höhe von 15.000 EUR und zahlte die Fahrzeugzubehörkosten, Zusatzleistungen sowie einen Satz Reifen.

Für das Veranlagungsjahr 2018 ermittelte der Kläger die Gesamtkosten für das Kfz mit insgesamt 30.418,21 EUR. Darin war die Leasingsonderzahlung für den Leistungszeitraum vom 20.12.2018 bis zum 19.12.2021 und einer Fahrleistung von 40.000 km pro Jahr mit 15.000 EUR enthalten.

Bei der Veranlagung 2018 legte das Finanzamt (FA) den bei einer Jahresfahrleistung von 32.717 km ermittelten Kilometersatz von 0,93 EUR/km für berufliche Fahrten des Klägers (1.025 km für die Zeit vom 20.12.2018 bis 31.12.2018) zugrunde.

Im Streitjahr 2019 beantragte der Kläger unter Berücksichtigung dieses Kilometersatzes von 0,93 EUR/km einen Werbungskostenansatz i.H.v. 15.763 EUR bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

Das FA erkannte die Fahrtkosten der Höhe nach nicht an, da sich die Verhältnisse ggü. 2018 wesentlich geändert hätten und berücksichtigte den pauschalen Kilometersatz von 0,30 EUR/km. Den Einspruch des Klägers hiergegen wies es zurück.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.

Entscheidung: BFH gibt dem Finanzamt Recht

Der BFH hält die Revision des FA für begründet, jedoch reichen die Feststellungen des FG nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, in welcher Höhe dem Kläger durch die Benutzung des Pkw abziehbare Werbungskosten im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 1 EStG entstanden sind.

Ein Arbeitnehmer kann, soweit er den durch sonstige berufliche Fahrten veranlassten Anteil an den jährlichen Gesamtkosten des Fahrzeugs (abzüglich vom Arbeitgeber geleisteter Erstattungen) entweder nach pauschalierten Kilometersätzen oder nach individuellen – anhand nachgewiesener Fahrzeugaufwendungen ermittelten – Kilometersätzen berechnen.

Bei der Ermittlung anhand von individuellen Kilometersätzen sind die gesamten Fahrzeugkosten zu berücksichtigen. Zu diesen Gesamtkosten gehören die Kosten, die unmittelbar dem Halten und dem Betrieb des Kfz dienen und in Zusammenhang mit dessen Nutzung typischerweise entstehen; dazu rechnen insbesondere die Kosten für Betriebsstoffe, Wartung und Reparaturen sowie die regelmäßig wiederkehrenden festen Kosten, etwa für die Haftpflichtversicherung, die Kfz-Steuer, Absetzung für Abnutzung (AfA), Garagenmiete oder auch Leasing- und Leasingsonderzahlungen.

Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung

Verwendet ein Arbeitnehmer einen geleasten PKW für sonstige berufliche Zwecke und macht er dafür die tatsächlichen Kosten geltend, so gehörte nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH (Urteil v. 5.5.1994, VI R 100/93, BStBl II 1994, 643) eine bei Leasingbeginn zu erbringende Sonderzahlung in Höhe des auf die Auswärtstätigkeiten entfallenden Nutzungsanteils grundsätzlich zu den sofort abziehbaren Werbungskosten.

An dieser Rechtsprechung hält der BFH nicht länger fest. Die zutreffende Ermittlung des durch die sonstigen beruflichen Fahrten veranlassten Anteils an den jährlichen Gesamtkosten verlangt nicht nur, die Gesamtkosten dem Grunde nach zutreffend zu erfassen, sondern auch, diese Gesamtkosten periodengerecht den jeweiligen Nutzungszeiträumen zuzuordnen.

Leasingsonderzahlung als vorausgezahltes Nutzungsentgelt

  • Bei einer Leasingsonderzahlung handelt es sich um ein vorausgezahltes Nutzungsentgelt, das dem Zweck dient, die Leasingraten während der Gesamtlaufzeit des Leasingvertrags zu mindern. Die Leasingsonderzahlung finanziert daher maßgeblich auch die Nutzung des Fahrzeugs für sowohl sonstige berufliche Fahrten als auch Privatfahrten in den Folgejahren.
  • Daher ist der auf das Jahr der Zahlung entfallende Anteil einer Leasingsonderzahlung an den tatsächlichen Gesamtaufwendungen für die sonstigen beruflichen Fahrten wegen des wirtschaftlichen Zusammenhangs der Leasingsonderzahlung zu allen Fahrten während des vertraglich bestimmten Leasingzeitraums und des damit vorliegenden multikausalen Veranlassungszusammenhangs im Rahmen einer wertenden Betrachtung typisierend nach dem Verhältnis der auf das jeweilige Jahr entfallenden vollen Monate zum Gesamtleasingzeitraum zu bestimmen.
  • Mindert eine Leasingsonderzahlung nach dem Leasingvertrag die Höhe der monatlichen Leasingraten über die gesamte Vertragslaufzeit, ist sie daher bei der Ermittlung der jährlichen Gesamtaufwendungen für die sonstigen beruflichen Fahrten unabhängig vom Abflusszeitpunkt linear auf den Vertragszeitraum zu verteilen.
  • Soweit die Leasingsonderzahlung Fahrten in den folgenden Veranlagungszeiträumen nach dem Abflussjahr finanziert, die in den Leasingzeitraum fallen, zählt sie dort ebenfalls zeitanteilig zu den jährlichen Gesamtaufwendungen für die sonstigen beruflichen Fahrten des jeweiligen Veranlagungszeitraums.
  • Dabei steht der Zuordnung zu den jährlichen Gesamtaufwendungen für die sonstigen beruflichen Fahrten in den Folgejahren nicht entgegen, dass jeweils kein Abfluss der Zahlung erfolgt ist, da auch insoweit eine wertende Zuordnung der Leasingsonderzahlung zu erfolgen hat.

Andere Zahlungen während der Leasingdauer

Die vorstehenden Grundsätze sind auch auf andere (Voraus-)Zahlungen anzuwenden, die sich wirtschaftlich auf die Dauer des Leasingvertrags erstrecken. Da zu den jährlichen Gesamtaufwendungen für das Fahrzeug neben sämtlichen fixen Kosten zudem die AfA zählt, sind beispielsweise auch Aufwendungen für einen weiteren Satz Reifen nicht sofort im Jahr der Zahlung als Fahrzeugkosten zu berücksichtigen, sondern in Höhe der AfA in die jährlichen Gesamtaufwendungen für die sonstigen beruflichen Fahrten des jeweiligen Veranlagungszeitraums einzubeziehen.

Das FG hat danach zu Unrecht einen unter Einbeziehung der bereits 2018 geleisteten Leasingsonderzahlung mit 0,93 EUR/km ermittelten Kilometersatz zugrunde gelegt.

Zurückverweisung an Vorinstanz

Dennoch konnte keine abschließende Entscheidung getroffen werden, da das FG die zur Ermittlung der anteilig abzugsfähigen Aufwendungen für die sonstigen beruflichen Fahrten des Klägers erforderliche Fahrleistung im Streitjahr nicht festgestellt hat. Es hat auch nicht festgestellt, ob das Zubehör und die Zusatzleistungen auf die Dauer des Leasingvertrags bezogen sind, sodass die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen werden musste.



BFH, Urteil v. 21.11.2024, VI R 9/22
; veröffentlicht am 16.1.2025

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