Eine Mitteilung an den Steuerpflichtigen, dass die durchgeführte Außenprüfung zu keiner Änderung der Besteuerungsgrundlagen geführt hat (§ 202 Abs. 1 Satz 3 AO), stellt – obwohl sie eine Änderungssperre nach § 173 Abs. 2 Satz 2 AO bewirkt – keinen Verwaltungsakt dar.

Hintergrund: Gesetzliche Regelung

Nach § 173 Abs. 2 Satz 1 AO können Steuerbescheide, soweit sie aufgrund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt nach § 173 Abs. 2 Satz 2 AO auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 AO gegenüber dem Steuerpflichtigen erfolgt ist, dass die Außenprüfung zu keiner Änderung der Besteuerungsgrundlagen führt.

Sachverhalt: Berücksichtigung von Aufwendungen beim Einzelunternehmen oder der Personengesellschaft?

Der dem Rechtsstreit zugrundeliegende Sachverhalt stellt sich verkürzt wie folgt dar:

  • Der Kläger gründete im Jahr 2009 zusammen mit Herrn A die AB-GbR (GbR). Zuvor betrieb er ein Einzelunternehmen.
  • Das Finanzamt (FA) erließ erklärungsgemäße Gewinnfeststellungsbescheide 2010 und 2011 für die GbR, wobei dem Kläger ein Anteil an dem Gesamthandsgewinn der GbR zugerechnet wurde. Die Bescheide wurden bestandskräftig.
  • Mit seiner Einkommensteuererklärung 2010 reichte der Kläger eine auf den Namen der GbR lautende Anlage EÜR ein. Darin wurden neben Betriebseinnahmen auch Betriebsausgaben erklärt. In dem Einkommensteuerbescheid 2010 berücksichtigte das FA die erklärten Einnahmen aus der Beteiligung, woraufhin der Kläger Einspruch einlegte und darauf verwies, dass die geltend gemachten Aufwendungen nicht allein mit seiner Tätigkeit für die GbR zusammenhingen, sondern er entsprechende Aufwendungen gehabt habe, um bei seinem Einzelunternehmen die Infrastruktur aufrechtzuerhalten. Mit Einkommensteuer-Änderungsbescheid 2010 erkannte das FA die geltend gemachten Aufwendungen bei den Einkünften des Klägers an.
  • In der Einkommensteuererklärung 2011 machte der Kläger u.a. negative Einkünfte geltend. Im Einkommensteuerbescheid 2011 wurde neben den Einkünften aus der Beteiligung auch der erklärte Verlust berücksichtigt.

Eine bei der GbR durchgeführte Außenprüfung für die Gewinnfeststellung 2010 bis 2012 führte zu keiner Änderung der Besteuerungsgrundlagen. Dies wurde dem Steuerberater der GbR mit Schreiben vom 19.5.2015 mitgeteilt. Parallel zu der Außenprüfung bei der GbR wurde auch bei dem Kläger die Einkommensteuer 2010 bis 2012 geprüft. Der Prüfer kam dort zu dem Ergebnis, dass die von dem Kläger geltend gemachten Aufwendungen Sonderbetriebsausgaben bei der GbR darstellten und in keinem Zusammenhang mit dem Einzelunternehmen des Klägers stünden. Daraufhin änderte das FA die Einkommensteuerbescheide des Klägers für 2010 und 2011 nach § 164 Abs. 2 AO und ließ die geltend gemachten Betriebsausgaben unberücksichtigt.

Am 29.7.2015 beantragte die GbR die Änderung der Gewinnfeststellungsbescheide 2010 und 2011 und begründete dies mit den Feststellungen der Außenprüfung bei dem Kläger. Die Aufwendungen seien bei der GbR als Sonderbetriebsausgaben des Klägers abzuziehen. Das FA lehnte den Antrag ab und wies den dagegen eingelegten Einspruch als unbegründet zurück.

Bisheriger Verfahrensgang

Diese Rechtsauffassung wurde in einem ersten Rechtsgang vom FG bestätigt. Das Urteil wurde jedoch vom BFH aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen. Auch im zweiten Rechtsgang hatte der Kläger keinen Erfolg. Es greife die Änderungssperre nach § 173 Abs. 2 AO wegen der Mitteilung über die ergebnislose Außenprüfung bei der GbR. Bei dieser Mitteilung handele es sich nicht um einen Verwaltungsakt. Mit seiner Revision rügte der Kläger insbesondere eine unzutreffende Auslegung des § 202 AO. Das FA beantragte, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidung: Änderung steht Änderungssperre entgegen

Die Revision des Klägers ist unbegründet und war zurückzuweisen. 

Der Kläger macht den Abzug von bisher nicht berücksichtigten Sonderbetriebsausgaben geltend und begehrt eine entsprechende Änderung der Gewinnfeststellungsbescheide der GbR.

Voraussetzungen für Änderung wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel grds. gegeben

Nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln stehen, die nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zu einer höheren Steuer führen. Diese Regelung ist nach § 181 Abs. 1 Satz 1 AO sinngemäß auch auf Feststellungsbescheide anzuwenden.

Nach der im ersten Rechtsgang getroffenen Entscheidung steht fest, dass grds. die Voraussetzungen für eine Änderung der Gewinnfeststellungsbescheide 2010 und 2011 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO gegeben sind und ein Verschulden des Klägers der begehrten Änderung nicht entgegensteht.

Aber Änderungssperre nach Außenprüfung

Die beantragte Änderung der Gewinnfeststellungsbescheide kommt gleichwohl nicht in Betracht, da die GbR diese erst beantragt hat, als die Außenprüfung bereits durchgeführt und ihr mitgeteilt worden war, dass keine Änderung der Besteuerungsgrundlagen erfolgt.

Mitteilung nach § 202 Abs. 1 AO ist kein Verwaltungsakt

Bei der die Änderungssperre nach § 173 Abs. 2 Satz 2 AO auslösenden Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 AO handelt es sich nicht um einen (anfechtbaren) Verwaltungsakt, sondern um einen Realakt, den der Kläger nicht im Wege der Anfechtung beseitigen konnte. Der Mitteilung kommt nicht die Qualität eines Verwaltungsakts zu, da sie keine für die Annahme eines Verwaltungsakts erforderliche Regelung trifft. Ihr kommt lediglich eine Dokumentations- und Protokollfunktion zu. Sie gibt nur Auskunft über das tatsächliche Ergebnis der durchgeführten Außenprüfung.

Die Mitteilung ist auch im Hinblick auf § 171 Abs. 4 und § 173 Abs. 2 AO kein Verwaltungsakt, weil sie die dort genannten Rechtsfolgen (Beendigung der Ablaufhemmung; Eintritt der Änderungssperre) nicht regelnd anordnet.

Hinweis: Vorsorglichen Änderungsantrag noch während der Außenprüfung

Der BFH weist in seinen Entscheidungsgründen darauf hin, dass der Kläger gegen die Gewinnfeststellungsbescheide, in denen die streitigen Sonderbetriebsausgaben nicht berücksichtigt waren, Einspruch hätte einlegen können. Zudem hätte er einen auf entsprechende Änderung gerichteten Antrag jedenfalls noch während der Außenprüfung stellen können. Von dieser Möglichkeit hat er jedoch keinen Gebrauch gemacht. Ohne Erfolg berief sich der Kläger im Urteilsfall darauf, dass er selbst während der Außenprüfung noch keinen Anlass gehabt habe, die Berücksichtigung der streitigen Aufwendungen bei der GbR zu beantragen, da sie zu diesem Zeitpunkt noch als Betriebsausgaben bei seinem Einzelunternehmen berücksichtigt gewesen seien. Die Frage, Sonderbetriebsausgaben oder Betriebsausgaben beim Einzelunternehmen war im Urteilsfall jedoch von Anfang an streitig. Die Einkommensteuerbescheide waren diesbezüglich unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen. Parallel zur Außenprüfung bei der GbR wurde auch beim Kläger eine Außenprüfung durchgeführt; beide hatten unter anderem die Frage zum Gegenstand, in welchem Verfahren die streitigen Aufwendungen zu berücksichtigen seien. Bei dieser Sachlage musste der Kläger nach Meinung des BFH damit rechnen, dass das FA die Aufwendungen als Sonderbetriebsausgaben bei der GbR beurteilen und die Einkommensteuerbescheide entsprechend ändern würde. Dementsprechend hätte es ihm oblegen, die Möglichkeit der Berücksichtigung der Aufwendungen bei der GbR durch einen entsprechenden (vorsorglichen) Änderungsantrag noch während der Außenprüfung bei der GbR offenzuhalten.



BFH, Urteil v. 20.2.2025, IV R 17/22;
veröffentlicht am 15.5.2025

Alle am 15.5.2025 veröffentlichten Entscheidungen des BFH mit Kurzkommentierungen