Grundsätzliches
Der Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des EStG bzw. des KStG zu ermittelnde Gewinn aus Gewerbebetrieb. Dieser ist um Hinzurechnungsbeträge zu Erhöhung und um Kürzungsbeträge zu mindern.
Nach Maßgabe von § 8 Nr. 1 GewStG werden zur Ermittlung des Gewerbeertrags dem Gewinn aus Gewerbebetrieb ein Viertel der Summe aus den dort unter den Buchstaben a bis f benannten Aufwendungen hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind und soweit die Summe den Betrag von 100.000 EUR übersteigt.
Hinzugerechnet wird dabei auch ein Viertel aus einem Fünftel beziehungsweise aus der Hälfte der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung der beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen (§ 8 Nr. 1 Buchst. d und Buchst. e GewStG – sog. fiktives Anlagevermögen).
Offene Frage
Der BFH musste sich nunmehr mit der Frage beschäftigen, ob die Aufwendungen einer Spezialagentur für die Verschaffung von Werbeträgern im Außenbereich (z. B. klassische Plakatwände, digitale Werbeflächen etc.) dieser Hinzurechnungsvorschrift unterliegen.
Sachverhalt: Aufwendungen für Außenwerbung
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt verhielt sich folgendermaßen:
- Die Klägerin war im Streitzeitraum im Bereich der Beratung für Außenwerbung und Vermittlung von Werbeträgern im Außenbereich (Out of Home-Werbung) tätig.
- Ihr Geschäftszweck bestand darin, als sog. Spezialagentur ihre Kunden bei der Konzeption von Außenwerbekampagnen zu beraten und die praktische Umsetzung der jeweiligen Kampagne zu begleiten.
- Sie selbst führte dabei keine kreativen oder gestalterischen Tätigkeiten aus, sondern erarbeitete Vorschläge zur Durchführung einer Werbemaßnahme in Absprache mit dem jeweiligen Kunden (Mediaplanung).
- Auch die Überlassung von Werbeträgern, wie etwa Großflächen, Town Boards, klassische Plakatwände etc., sowie von digitalen Werbeflächen (Infoscreens), gehörte nicht zu ihrem Geschäftszweck.
- Sie war auch weder Eigentümerin entsprechender Werbeträger, noch hatte sie solche dauerhaft angemietet.
- Im Rahmen der Mediaplanung definierte sie vielmehr für ihre Kunden, je nach Kampagne und Kampagnenziel, strategische Kriterien für Werbeträger und legte dabei mögliche Standorte grob fest. Die zugrundeliegenden Kriterien umfassten eine gewisse Anzahl an Personen (als Zielgruppe einer Werbemaßnahme), die mit einer gewissen Intensität in einem definierten Gebiet mit einer bestimmten Anzahl von Flächen erreicht werden sollten (sog. Kampagnenziel).
- Entsprechend diesen Vorgaben und nach Genehmigung durch den Kunden buchte A als Teil ihrer Dienstleistung später bei verschiedenen Werbeträgeranbietern unterschiedliche Werbeflächen für einen entsprechend begrenzten Zeitraum.
Die Finanzverwaltung vertrat im Rahmen einer Außenprüfung die Auffassung, dass erfolgte Buchungen von Werbeträgern als Mietverhältnis zu beurteilen sei und demzufolge die entrichteten Entgelte Mietaufwendungen darstellten und als solche der Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG unterlägen.
Dass Hessische FG schloss sich mit Urteil v. 11.5.2022 (8 K 365/17) nicht der Auffassung der Finanzverwaltung an.
Entscheidung: Keine Hinzurechnung
Die Revision war unbegründet und wurde aus folgenden wesentlichen Gründen zurückgewiesen:
- Kann eine mit der Mediaplanung beauftragte Spezialagentur aus ihren Verträgen mit den Werbeträgeranbietern keine Ansprüche ableiten, die über die Erfüllung der Verpflichtung zum Sichtbarmachen von Werbung hinausgehen und eine Abwehrbefugnis gegenüber Dritten beinhalten, fehlt es an einer Rechteüberlassung im Sinne des § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG.
- Übernimmt der Anbieter von analogen Werbeträgern neben der Pflicht zur Anbringung der Werbemittel gewichtige auf den Werbeerfolg bezogene Pflichten, kann dies zur Einordnung des Vertrags als Werkvertrag führen.
- Bei digitaler Werbung steht regelmäßig nicht die Benutzung der digitalen Fläche, sondern eine mit der digitalen Fläche vom Anbieter zu erbringende Werbeleistung im Vordergrund.
Praxisfolgen
Es kommt für die hier zur Diskussion stehenden Hinzurechnung insbesondere auch die Abgrenzung zwischen Werkverträge und Mietverträgen an.
Für die rechtliche Zuordnung von Verträgen, die Werbung mit digitalen oder analogen Werbeträgern zum Gegenstand haben, zum Vertragstyp Werkvertrag oder Mietvertrag ist entscheidend, ob die Vertragsparteien als Hauptleistungspflicht ein vom Anbieter mit dem Werbeträger zu erzielendes Arbeitsergebnis oder das Zur-Verfügung-Stellen des Werbeträgers zur Nutzung durch den Kunden vereinbart haben.
BFH, Urteil v. 17.10.2024, III R 33/22; veröffentlicht am 23.1.2025
Alle am 23.1.2025 veröffentlichten Entscheidungen des BFH mit Kurzkommentierungen