Die Übertragung eines Grundstücks von einer Erbengemeinschaft auf eine Personengesellschaft bei Teilung des Nachlasses ist zu dem Anteil von der Grunderwerbsteuer befreit, zu welchem ein Miterbe an der erwerbenden Personengesellschaft beteiligt ist. Die Steuerbefreiung ist jedoch insoweit nicht zu gewähren, als sich der Anteil des Miterben am Vermögen der Personengesellschaft innerhalb von 5 Jahren nach dem Übergang des Grundstücks auf diese vermindert.

Gesetzliche Regelungen und Streifrage

Bei der Grunderwerbsteuer ist nach § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG der Erwerb eines zum Nachlass gehörigen Grundstücks durch Miterben zur Teilung des Nachlasses von der Besteuerung ausgenommen.

Das FG hatte die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zugelassen, ob ein Grundstückserwerb „zur Teilung des Nachlasses“ auch dann angenommen werden kann, wenn Grundstücke aus einer Erbengemeinschaft in eine andere Gesamthandsgemeinschaft eingebracht werden und damit die gesamthänderische Berechtigung der Mitglieder der Erbengemeinschaft im Hinblick auf die betreffenden Grundstücke nicht aufgelöst wird, sondern sich an den nämlichen Grundstücken auch in der anderen Gesamthandsgemeinschaft fortsetzt.

Sachverhalt: Abwicklung einer Erbengemeinschaft

  • Die Klägerin, eine GbR, wurde am 10.7.2014 gegründet. Gründungsgesellschafter waren mit einer Beteiligung von je 1/6 A und fünf seiner Geschwister. Dieselben Personen waren zu je 1/6 Mitglieder der Erbengemeinschaft (EG) nach ihrem Vater. Das Vermögen der EG bestand aus 3 Flurstücken (1, 2, 3) im X-Weg.
  • Mit notariellem Vertrag vom 10.7.2014 übertrugen die Miterben die Flurstücke 2 und 3 gemeinschaftlich auf die Klägerin. Der Vertrag hatte insoweit folgenden Wortlaut: „Wir setzen uns über die uns in ungeteilter EG gehörenden Flurstücke 2 und 3 in der Weise auseinander, dass dieser Grundbesitz der Klägerin (Erwerber) zugewiesen wird. Die Übertragung des Grundbesitzes erfolgt zur teilweisen Teilung des Nachlasses im Wege der Auseinandersetzung der zwischen den Erben bestehenden EG. Der Erwerber ist daher zu keinerlei Gegenleistungen verpflichtet.“
  • Zugleich erwarb die Klägerin u. a. das Flurstück 4 im X-Weg von einer anderen GbR.
  • Mit einem unmittelbar darauffolgenden Vertrag vom selben Tage übertrug die Klägerin das Flurstück 4 auf A. Im Gegenzug wurde dessen Beteiligung an der Klägerin auf 0,55 % gemindert.

Mit Bescheid vom 23.11.2018 setzte das Finanzamt (FA) für die Übertragung der Flurstücke 2 und 3 Grunderwerbsteuer in Höhe von 3.808 EUR gegen die Klägerin fest. Dabei ging es davon aus, die Übertragung sei nach § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG nur i. H. v. 83,85 % (5 x 16,66 % + 0,55 %) von der Steuer befreit, da sich die Beteiligung des A an der Klägerin auf 0,55 % vermindert habe.

Mit dem Einspruch begehrte die Klägerin die vollständige Befreiung der Übertragung der Flurstücke von der Grunderwerbsteuer. Sie vertrat die Auffassung, dass ein Erwerb zur Teilung des Nachlasses nach § 3 Nr. 3 GrEStG vorliege.

Die nach der erfolglosen Durchführung des Einspruchsverfahrens erhobene Klage hat das FG als unbegründet zurückgewiesen. Das FG ging davon aus, dass die Übertragung der Flurstücke 2 und 3 keine Maßnahme zur Teilung des Nachlasses i. S. d. § 3 Nr. 3 GrEStG darstelle.

Entscheidung: Übertragung zur Teilung des Nachlasses, aber schädliche Verringerung des Anteils eines Miterben

Das FG hat zwar zu Unrecht angenommen, dass die Übertragung einzelner Nachlassgegenstände auf eine mit der EG personen- und beteiligungsidentische GbR keine Teilung des Nachlasses i. S. des § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG sei. Das Urteil erweist sich gleichwohl als zutreffend, da die Steuerbefreiung insoweit nicht zu gewähren ist, als sich der Anteil des Miterben am Vermögen der GbR innerhalb von 5 Jahren nach dem Übergang des Grundstücks auf diese vermindert hat.

Übertragung nur einzelner Nachlassgegenstände auf GbR steuerbefreit

  • § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG bezweckt, die Aufhebung der Erbengemeinschaft (EG) als einer nicht auf Dauer angelegten Zufallsgemeinschaft zu erleichtern. Der Erwerb des Miterben von der EG soll im Ergebnis genauso behandelt werden wie der steuerbefreite Erwerb von Todes wegen durch einen Alleinerben oder Vermächtnisnehmer. Bedeutung erlangt § 3 Nr. 3 GrEStG, wenn Nachlassgrundstücke abweichend vom Verhältnis der Erbanteile aufgeteilt werden. Die Norm soll die Erbauseinandersetzung auch in den Fällen erleichtern, die nicht von den §§ 6 und 7 GrEStG erfasst werden, und stellt auch den überquotalen Erwerb von Grundstücken durch einen Miterben steuerfrei.
  • § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG setzt den Erwerb eines zum Nachlass gehörigen Grundstücks voraus. Ein Grundstück gehört, wenn der Erblasser mehrere Erben hinterlässt, zum Nachlass, wenn es den Erben in dieser Eigenschaft in gesamthänderischer Verbundenheit zusteht. Gelöst wird die Zugehörigkeit des Grundstücks zum Nachlass durch seine Übertragung auf einen Miterben oder Dritten oder durch Umwandlung des Gesamthandseigentums in Bruchteilseigentum. Gleiches gilt, wenn das Grundstück auf eine GbR übertragen wird, an der die Erben zu gleichen Anteilen wie am Nachlass beteiligt sind, denn eine im Verhältnis zur EG personen- und beteiligungsidentische GbR stellt ein anderes Zuordnungssubjekt als die EG dar.
  • Nicht nur die vollständige Teilung des Nachlasses in einem Zug, sondern auch einzelne Maßnahmen zur Auseinandersetzung sind begünstigt.

Nach diesen Grundsätzen hat das FG zu Unrecht angenommen, die Übertragung der Flurstücke 2 und 3 auf die Klägerin sei nicht zur Teilung des Nachlasses erfolgt. Das Merkmal „zur Teilung des Nachlasses“ ist erfüllt, obwohl die EG durch den „Teil-Erbauseinandersetzungsvertrag“ nicht beendet, sondern im Hinblick auf das Flurstück 1 fortgesetzt wurde. Das Herauslösen nur der Flurstücke 2 und 3 aus dem Nachlass stellt bereits einen Schritt zur Teilung des Nachlasses dar. Unschädlich ist zudem, dass die Flurstücke 2 und 3 auf eine GbR übertragen wurden, die mit der EG personen- und beteiligungsidentisch ist. Die GbR ist ein anderes Zuordnungssubjekt als die EG und selbst Trägerin ihres Vermögens.

Schädliche Verringerung des Anteils eines Miterben

Das Urteil erweist sich dennoch im Ergebnis als zutreffend, da die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG insoweit nicht zu gewähren ist, als sich der Anteil eines Miterben am Vermögen der Klägerin innerhalb von 5 Jahren nach dem Übergang des Grundstücks auf diese vermindert hat.

  • Von der Besteuerung ausgenommen ist nach § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG grundsätzlich nur der Erwerb durch Miterben. Das Tatbestandsmerkmal „Miterben“ ist wirtschaftlichen Erwägungen nicht zugänglich. Es wurde als bürgerlich-rechtlicher Begriff in das Grunderwerbsteuerrecht übernommen.
  • Der Erwerb einer Personengesellschaft, die selbst nicht Miterbin ist, ist gleichwohl nach dem Rechtsgedanken der §§ 5 und 6 GrEStG begünstigt. Danach sind einer Personengesellschaft grunderwerbsteuerrechtlich wesentliche Eigenschaften ihrer Gesellschafter zu dem Anteil zuzurechnen, zu dem die Gesellschafter an dem Vermögen der Gesellschaft beteiligt sind. Die Übertragung eines Grundstücks von einer EG auf eine Personengesellschaft bei Teilung des Nachlasses ist deshalb zu dem Anteil von der Grunderwerbsteuer befreit, zu dem ein Miterbe an der erwerbenden Personengesellschaft beteiligt ist. Die Besteuerung ist dem Umfang nach die gleiche, wie wenn die EG das gesamte Grundstück dem Miterben übereignet und dieser es in die Gesellschaft eingebracht hätte (§ 5 Abs. 2 GrEStG) oder wenn die EG das Grundstück den Gesellschaftern zu Miteigentum nach entsprechenden Bruchteilen übereignet (§ 6 Abs. 1 GrEStG) und diese das Miteigentum in Gesamthandseigentum mit gleichen Vermögensteilen umgewandelt hätten (§ 5 Abs. 1 GrEStG).
  • Erwirbt eine Personengesellschaft, an der ein Miterbe beteiligt ist, ein zum Nachlass gehörendes Grundstück zur Teilung des Nachlasses, sind jedoch die Fristen des § 5 Abs. 3 GrEStG und des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG zu beachten.
  • Danach sind die Befreiungstatbestände des § 5 Abs. 1 und 2 und § 6 Abs. 1 GrEStG insoweit nicht anzuwenden, als sich der Anteil des Miterben am Vermögen der Personengesellschaft innerhalb von 5 Jahren nach dem Übergang des Grundstücks auf diese vermindert. Die Geltung dieser Einschränkung im Rahmen des § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG folgt aus dem Umstand, dass eine Begünstigung des Erwerbs einer Personengesellschaft, die selbst nicht Miterbin ist, nicht isoliert auf § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG gestützt werden kann. Erst die Anwendung des Rechtsgedankens der §§ 5 und 6 GrEStG, die jeweils in Abs. 3 Einschränkungen vorsehen, gewährleistet eine Steuerbefreiung des Erwerbs der Personengesellschaft zu dem Anteil, zu dem der Miterbe an dieser beteiligt ist.

Nach diesen Maßstäben hat das FG im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Steuerbefreiung insoweit nicht zu gewähren ist, als sich die Beteiligung des A an der Klägerin innerhalb von 5 Jahren seit dem Erwerb der Flurstücke 2 und 3 auf 0,55 % verringert hat. Danach ist die Klägerin in Bezug auf den Erwerb dieser Grundstücke lediglich i. H. v. 83,85 % (5 x 16,66 % + 0,55 %) begünstigt.

Hinweis: Verlängerung der Frist von 5 Jahren auf 10 Jahre

Durch das Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes vom 12.5.2021, BGBl 2021 I S. 986, wurden die Frist von 5 Jahre mit Wirkung vom 1.7.2021 auf 10 Jahre verlängert.



BFH, Urteil v. 4.6.2025, II R 42/21
; veröffentlicht am 30.10.2025

Alle am 30.10.2025 veröffentlichten Entscheidungen des BFH mit Kurzkommentierungen