Für den Werbungskostenabzug von beruflich veranlassten Reisekosten kommt es dem Grunde nach nicht darauf an, welches Verkehrsmittel der Steuerpflichtige wählt. Dem Steuerpflichtigen steht die Wahl des Verkehrsmittels grundsätzlich frei.

Das Niedersächsische FG hatte sich in diesem Zusammenhang mit einem Fall zu beschäftigen, in dem Privatfahrten ausschließlich mit dem Dienstwagen und berufliche Fahrten mit dem privaten PKW durchgeführt wurden.

Im entschiedenen Fall sind die Kläger verheiratet und der Arbeitgeber des Ehemanns stellte ihm einen Dienstwagen zur Verfügung, welchen er und seine Ehefrau auch privat nutzen durften. Für den geldwerten Vorteil wurde die 1 %-Regelung berücksichtigt. Privat nutzte der Kläger einen Audi TT RS.

Der Sachverhalt gestaltete sich so, dass der Ehemann für seine dienstlichen Fahrten den privaten PKW nutzte und die Ehefrau für die Privatfahrten ausschließlich den Dienstwagen. Aufgrund hoher Afa und geringer Jahresgesamtfahrleistung ermittelte der Kläger tatsächliche Kosten i. H. v. 2,28 EUR pro km welche er für das Jahr 2021 für seine dienstlichen Fahrten (Auswärtstätigkeit) als Werbungskosten ansetzte.

Finanzamt lässt Abzug nicht zu

Das Finanzamt gewährte den Abzug nicht und argumentierte, dass der Kläger aus Gründen, die ausschließlich der privaten Lebensführung zuzurechnen seien, das von seinem Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Geschäftsfahrzeug in vollem Umfang für private Zwecke nutze. Für seine dienstlichen Fahrten nutze er ebenfalls aus Gründen, die der privaten Lebensführung zuzurechnen seien, sein privates Kraftfahrzeug.

Daher seien die Aufwendungen, die durch diese Nutzung entstehen, nicht zusätzlich zu den Aufwendungen, die durch die Überlassung eines Geschäftsfahrzeugs für dienstliche Zwecke durch den Arbeitgeber angefallen sind, als Werbungskosten zu berücksichtigen. Da dem Arbeitnehmer durch das ihm für Fahrten im Rahmen der Auswärtstätigkeit überlassene Firmenfahrzeug grundsätzlich keine eigenen Aufwendungen entstünden, könne er auch keine Werbungskosten geltend machen.

Darüber hinaus habe eine Angemessenheitsprüfung der Aufwendungen zu erfolgen, wenn die Reisekosten die Lebensführung des Arbeitnehmers berühren. Dieser Prüfung hielten die Aufwendungen im Streitfall nicht stand. Der vom Kläger zugrunde gelegte hohe Kilometersatz resultiere daraus, dass die Fahrleistung des Fahrzeugs in 2018 nach der Ermittlung lediglich 5.831 km betragen habe. Seit der Anschaffung des Privatfahrzeugs, eines Audi TT RS, am 17.10.2017 habe der Kläger 17.135 berufliche Kilometer erklärt. Unter Berücksichtigung der in der Rechnung vom 16.10.2021 ausgewiesenen Gesamtfahrleistung von 18.777 km, entspreche dies einer rein privaten Nutzung von lediglich 1.600 km in vier Jahren.

Ferner setze die Anwendung der 1 %-Methode bei den Gewinneinkünften – anders als bei den Überschusseinkünften – eine betriebliche Nutzung in Höhe von mindestens 50 % voraus. Insgesamt könne der von den Klägern betriebene Kostenaufwand nicht mehr als angemessen eingeordnet werden.

FG: Kostenabzug steht Überlassung des Dienstwagens nicht entgegen

Das Niedersächsische FG (Urteil v. 18.9.2024, 9 K 183/23) hat dagegen hat den vollen Kostenabzug der beruflichen Kilometer mit 2,28 EUR pro km zugelassen. Für den Werbungskostenabzug von beruflich veranlassten Reisekosten kommt es dem Grunde nach nicht darauf an, welches Verkehrsmittel der Steuerpflichtige wählt. Daher steht es der Berücksichtigung der Reisekosten dem Grunde nach nicht entgegen, wenn ein Steuerpflichtiger Dienstreisen mit seinem Privatfahrzeug durchgeführt hat.

Liegt der Reise eines Steuerpflichtigen ein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde, kann aus der Wahl des Verkehrsmittels grundsätzlich keine private Veranlassung der Reisekosten abgeleitet werden. Wird einem Arbeitnehmer im Rahmen seines Anstellungsverhältnisses ein Fahrzeug überlassen, streitet zwar grundsätzlich der erste Anschein dafür, dass dieses auch für beruflich veranlasste Fahrten eingesetzt wird. Es obliegt in einem solchen Fall dem feststellungsbelasteten Steuerpflichtigen, den Nachweis für die tatsächliche berufliche Nutzung eines daneben vorhandenen privaten Pkw zu führen.

Ist der Nachweis der tatsächlichen beruflichen Nutzung des privaten Fahrzeugs erbracht, steht dem Werbungskostenabzug nicht entgegen, dass dem Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber ein Geschäftsfahrzeug überlassen wurde.

Angemessenheit der Aufwendungen

Gleichwohl dürfen Aufwendungen, „die die Lebensführung berühren“, den Gewinn nicht mindern, „soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind“. Das in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 i. V. m. § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG geregelte Abzugsverbot ist vor dem Hintergrund seines eindeutigen Wortlauts (soweit) aber dahingehend zu verstehen, dass es nur den unangemessenen Anteil der Aufwendungen erfasst. Eine Angemessenheitsprüfung dem Grunde nach (hier: berufliche Nutzung eines privaten Fahrzeugs durch einen Arbeitnehmer, dem von seinem Arbeitgeber ein Geschäftsfahrzeug überlassen wurde) findet nicht statt, so das FG.

Auch der Hinweis, dass die 1%-Regelung bei Gewinneinkünften nur angesetzt werden darf, wenn die betriebliche Nutzung mindestens 50 % beträgt, sieht das FG keine Grundlage für eine saldierende Gegenkorrektur des Sachlohns. Zwar liege der Konzeption der von § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG in Bezug genommenen 1 %-Regelung die (Typisierungs-)Annahme einer durchschnittlichen anteiligen privaten Nutzung des überlassenen betrieblichen Fahrzeugs von 30 bis 35 % zugrunde; diese Annahme hat es aber im Gegensatz zur Regelung bei Gewinneinkünften nicht ins Gesetz geschafft. Daher sei hier die 1 %-Regelung nicht zu beanstanden.

Revisionsverfahren beim BFH anhängig

Da sowohl die Frage, inwieweit der Werbungskostenabzug für die berufliche Nutzung eines Privatfahrzeugs trotz Überlassung eines betrieblichen Fahrzeugs zulässig ist, als auch die Frage der Quantifizierung des Sachlohns nach der 1 %-Regelung auch im Fall der weit überwiegenden privaten Nutzung des überlassenen betrieblichen Fahrzeugs, durch die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht abschließend geklärt sind, hat das FG die Revision zugelassen, welche unter dem Az. VI R 30/24 beim BFH anhängig ist.

Tipp der Redaktion: Einspruchsmuster zur Angemessenheit von Fahrtkosten einer Dienstreise