Ausschlaggebend für die Neufestsetzung der Grundsteuer ist ein Urteil des BVerfG aus dem Jahr 2018. Die Finanzämter hatten die Grundsteuer bisher auf der Grundlage völlig veralteter Einheitswerte berechnet. Um die Grundsteuer neu zu berechnen, sind bzw. waren fast 36 Mio. Grundstücke neu zu bewerten. Dabei mussten die Eigentümer Feststellungserklärungen abgeben, ohne nach Ergehen der Grundsteuerwertbescheide bzw. der Grundsteuermessbescheide genau zu wissen, wie hoch die Grundsteuerbelastung ab dem 1.1.2025 sein wird. Denn die Gemeinden legen erst im zweiten Halbjahr 2024 die jeweiligen Hebesätze für die endgültige Berechnung der Grundsteuer fest.
Im Internet und in der Presse kursieren nach wie vor die Empfehlungen, „sich abzusichern und Einspruch einzulegen, sobald der Grundsteuerwertbescheid ergangen sei. Durch einen Einspruch bekomme man mehr Zeit zur Prüfung und könne reagieren, wenn Teile der Regelungen in den kommenden Jahren von Gerichten wieder kassiert würden. Der Einspruch könne auch später ohne Schaden wieder zurückgezogen werden“.
So einfach, wie die Empfehlungen lauten, ist dies regelmäßig nicht. Im Nachfolgenden werden daher die verfahrensrechtlichen Regelungen zur Festsetzung der Grundsteuer im Detail dargestellt. Zudem wird der Frage nachgegangen, ob ein Einspruch tatsächlich ratsam ist und was es voraussichtlich kostet, wenn Steuerpflichtige sich durch einen Steuerberater vertreten lassen.
Der Weg von der Feststellungserklärung bis zum Grundsteuerbescheid
Nach § 180 Abs. 1 Nr. 1 AO sind die Grundsteuerwerte nach Maßgabe des BewG gesondert – und ggf. einheitlich – festzustellen. Obwohl die Finanzämter bereits über eine Vielzahl der für die Feststellung der Grundsteuerwerte erforderlichen Daten verfügen, ist die Abgabe einer Grundsteuerwert-Erklärung gesetzlich vorgeschrieben.
Die Aufforderung zur Abgabe der Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts für den Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.2022 erfolgte durch öffentliche Bekanntmachung im BStBl I v. 30.3.2022. Danach waren die Erklärungen dem zuständigen Finanzamt bis zum 31.10.2022 nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung (elektronisches Formular) zu übermitteln. Die Finanzminister der Länder hatten sich jedoch auf der Finanzministerkonferenz am 13.10.2022 auf eine bundesweite Verlängerung der Abgabefrist für die Grundsteuer-Feststellungserklärung um drei Monate, also bis zum 31.1.2023 verständigt (vgl. BStBl I v. 4.11.2022). In Bayern musste die Feststellungserklärung nach einer zweiten Fristverlängerung bis zum 30.4.2023 beim zuständigen Finanzamt eingegangen sein.
Im Grundsteuerwertbescheid wird die Höhe des Grundsteuerwerts festgestellt werden. Dies setzt denknotwendig eine Entscheidung über die Art der wirtschaftlichen Einheit und bei Grundstücken über die Grundstücksart voraus. Zwingend erforderlich ist auch eine Feststellung über die Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit und bei mehreren Beteiligten über die Höhe ihrer Anteile. Der Bescheid ist darüber hinaus mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen.
Die Zuständigkeit für die Feststellung der Grundsteuerwerte richtet sich nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 AO. Danach ist das Lagefinanzamt zuständig für die Feststellung der Grundsteuerwerte bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft und bei Grundstücken. Erstreckt sich die zu bewertende wirtschaftliche Einheit auf die Bezirke mehrerer Finanzämter, ist das Finanzamt zuständig, in dessen Bezirk der wertvollste Teil des Vermögens liegt.
Mit dem Bescheid über die Feststellung des Grundsteuerwerts ergeht regelmäßig auch zeitgleich der Bescheid über den Grundsteuermessbetrag zum 1.1.2025 (Folgebescheid). In diesem Bescheid wird der Grundsteuermessbetrag durch die Multiplikation das Grundsteuerwerts mit der Steuermesszahl festgesetzt.
Die Bescheide über die Festsetzung des Grundsteuermessbetrags enthalten den (ausdrücklichen) Hinweis, dass „aufgrund des Bescheids keine Zahlung zu leisten ist. Der Grundsteuermessbetrag ist lediglich die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer, die von der Gemeinde (bzw. in den Stadtstaaten vom Finanzamt) mit einem gesonderten Grundsteuerbescheid festgesetzt wird“.
Wichtig: Zur Bindungswirkung des Grundsteuerwertbescheids Nach § 182 Abs. 1 Satz 1 AO sind Feststellungsbescheide, auch wenn sie noch nicht unanfechtbar geworden sind, für Folgebescheide bindend, soweit die in den Feststellungsbescheiden getroffenen Feststellungen für diese Folgebescheide von Bedeutung sind. Es handelt sich insoweit um einen Grundlagenbescheid nach § 171 Abs. 10 Satz 1 AO. Es ist nicht erforderlich, dass der Feststellungsbescheid rechtmäßig ist, d. h., die Bindungswirkung besteht auch dann, wenn feststeht, dass der Grundlagenbescheid (Grundsteuerwertbescheid) rechtswidrig ist. Auch die Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheids nach § 361 Abs. 2 AO steht dem Erlass des Folgebescheids nicht entgegen. Allerdings ist in diesem Fall der Folgebescheid von Amts wegen insoweit von der Vollziehung auszusetzen als die Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheids reicht (vgl. § 361 Abs. 3 Satz 1 AO). Hieraus folgt, dass der Grundsteuerwertbescheid mit dessen wirksamer Bekanntgabe Bindungswirkung für den Grundsteuermessbescheid nach § 184 Abs. 1 AO entfaltet. Der Grundsteuermessbescheid ist dabei einerseits Folgebescheid zum Grundsteuerwertbescheid, gleichzeitig aber wiederum Grundlagenbescheid für den Grundsteuerbescheid. |
Am Ende der Kette steht dann der Erlass des Grundsteuerbescheids (Folgebescheid zum Bescheid über die Festsetzung des Grundsteuermessbetrags) auf den 1.1.2025 (Hauptveranlagungszeitpunkt). Die Gemeinde multipliziert dabei den Grundsteuermessbetrag mit dem von ihr festgelegten gemeindlichen Hebesatz.
Grundsätzliches bei der Anfechtung von Grundlagen- und Folgebescheiden
Bei der Anfechtung von Verwaltungsakten ist zu beachten, dass Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid nur durch Anfechtung dieses Bescheids, nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheids, angegriffen werden können.
Einwendungen gegen den festgestellten Wert des Grundstücks, z. B., weil sich ein konkreter Sachverhalt nicht korrekt bei der Bewertung niedergeschlagen hat (falsche Flächenangaben berücksichtigt, falsches Baujahr zugrunde gelegt), sind binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Grundsteuerwertbescheids bei dem Finanzamt, das den Grundsteuerwertbescheid erlassen hat, durch einen Einspruch geltend zu machen. Derartige Einwendungen können nicht im Einspruchsverfahren gegen den Grundsteuermessbescheid (Folgebescheid zur Feststellung des Grundsteuerwerts bzw. Grundlagenbescheid für den Grundsteuerbescheid) und schon gar nicht gegen den Grundsteuerbescheid erhoben werden.
Ein Einspruch gegen einen Folgebescheid, mit dem nur Einwendungen gegen den Grundlagenbescheid geltend gemacht werden, ist daher unbegründet.
Sollte vorsorglich Einspruch eingelegt werden?
Die Steuerberaterverbände hatten sich gegenüber den Finanzministerien des Bundes und der Länder in der Vergangenheit für den Erlass der Bescheide über die Feststellung der Grundsteuerwerte sowie der Grundsteuermessbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) mit der Begründung eingesetzt, dass dadurch den Steuerpflichtigen und den Steuerberatern die Möglichkeit eröffnet würde, Daten ohne größeren Aufwand auch nachträglich berichtigen zu können. Anderenfalls dürften viele Grundstückseigentümer Einspruch einlegen, um die sonst drohende Bestandskraft abzuwenden.
Da die Finanzverwaltung es nicht für zielführend hält, die Bescheide nach § 164 AO zur Vermeidung von Massenrechtsbehelfen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung zu erlassen, haben viele Steuerbürger in der Vergangenheit bereits Einsprüche gegen das Bewertungsverfahren im Rahmen der Grundsteuerreform erhoben. Die Erfolgsaussichten von Einsprüchen (und Klagen) sind jedoch im Einzelfall fraglich.
Bislang vorliegende Entscheidungen in Hauptsacheverfahren (Bundesmodell)
Das Sächsische FG hat eine Klage wegen Festsetzung des Grundsteuerwerts auf den 1.1.2022 als unbegründet abgewiesen (Urteil v. 24.10.2023, 2 K 574/23, EFG 2024, S. 233, rkr.). Nach Ansicht der Leipziger Richter bestehen verfassungsrechtliche Bedenken auch nicht im Hinblick auf die Festsetzung der Grundsteuer in einem dreistufigen Verfahren und den Umstand, dass der Hebesatz für die Zeit ab 1.1.2025 von den Gemeinden zum gegenwärtigen Zeitpunkt (hier: Festsetzung des Grundsteuerwerts zum 1.1.2022 und des Grundsteuermessbetrags zum 1.1.2025 im Oktober 2022) noch nicht festgelegt ist.
Auch nach Auffassung der Kölner Richter ist die neue Grundsteuerbewertung unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden (
FG Köln, Urteil v. 19.9.2024, 4 K 2189/23, Revision zugelassen). Das Verfahren bildet vor dem Hintergrund der Revisionszulassung zum BFH ein Musterverfahren für eine Vielzahl derzeit noch bei den Finanzgerichten und Finanzämtern anhängiger vergleichbarer Streitfälle.
Die Klage richtete sich gegen einen Bescheid über die Feststellung des Grundsteuerwerts zum 1.1.2022 nach dem Bundesmodell. Gegenstand der Bewertung ist eine Eigentumswohnung. Bei der Berechnung des Grundsteuerwerts wurde u. a. ein Bodenrichtwert von 2.280 EUR angesetzt. Die Kläger halten die neue Bewertung nach dem Bundesmodell für verfassungswidrig. Der Grundsteuermessbetrag habe sich wesentlich erhöht. Zudem sei bei einer weiteren in ihrem Eigentum stehenden Eigentumswohnung, die sich unweit entfernt befinde, ein weitaus niedrigerer Bodenrichtwert von 530 EUR angesetzt worden.
Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen. Der festgestellte Wert entspricht den Vorgaben der neuen Wertermittlungsvorschriften nach dem Bewertungsgesetz. Das wird auch von der Klägerseite nicht in Abrede gestellt.
Das neue Bewertungsrecht zur Grundsteuer ist auch verfassungsgemäß. Eine Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG kam daher nicht in Betracht. Dazu führt das FG im Einzelnen folgendes aus:
- Das neue Bewertungsrecht zur Neufestsetzung der Grundsteuer begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Ziel der Bewertung ist ein „objektiviert-realer Grundsteuerwert“ innerhalb eines Korridors von gemeinen Werten (Verkehrswerten). Der Gesetzgeber hat sich für ein auf den Massenvollzug zugeschnittenes grobes, aber praktikables Bewertungsverfahren entschieden, dass konzeptionell einer Verkehrswertorientierung folgt. Für die gesetzliche Typisierung hat er keinen atypischen Fall als Leitbild gewählt, sondern sich an statistisch ermittelten Durchschnittswerten orientiert. Der erhöhte Pauschalierungsgrad ist den Anforderungen der Digitalisierung geschuldet.
- Das BVerfG hat wiederholt betont, dass der Gesetzgeber gerade in Masseverfahren über einen großen Typisierungs- und Pauschalierungsspielraum verfügt.
- Die bisherigen Bewertungsvorschriften sind nicht wegen einer zu typisierenden Wertermittlung verworfen worden, sondern vor insbesondere deshalb, weil der Gesetzgeber jahrzehntelang auf neue Hauptfeststellungen verzichtet hat. Nunmehr ist mit Blick auf die erforderlichen Neubewertungen von Grundstücken ein möglichst einfaches, automationsfreundliches Verfahren gewählt worden. Bei der Bewertung von über 36 Mio. Grundstücken ist es – auch und gerade im Hinblick auf das anzuerkennende Ziel, die Erhebung der Grundsteuer zukünftig automationsgerecht durchzuführen und bei gleichbleibenden Verhältnissen zu späteren Hauptfeststellungszeitpunkten auf die Anforderung von manuell auszufüllenden Steuererklärungen möglichst zu verzichten und damit auch die Verfahrenslasten auf Seiten des Steuerpflichtigen in Grenzen zu halten – unumgänglich, die Bewertung in gewissem Umfang zu entindividualisieren.
- Die Heranziehung von Bodenrichtwerten zur Ermittlung des Bodenwerts hat sich steuerrechtlich seit vielen Jahren sowohl im Rahmen der sog. Bedarfsbewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie der Grunderwerbsteuer als auch im Zuge ertragsteuerlicher Wertermittlungsanlässe, wie z. B. der Kaufpreisaufteilung, bewährt. Die Bodenrichtwerte werden darüber hinaus auch im Rahmen von Verkehrsermittlungen von Grundstücken herangezogen.
- Von einer gleichwertigen oder gar besseren Lage der von den Klägern zum Vergleich herangezogenen Eigentumswohnung kann nicht die Rede sein kann. Diese Wohnung liegt in einer als „Gewerbe/Industrie/Sondergebiet“ ausgewiesenen Zone in der Nähe einer Bahntrasse, während sich die zu bewertende Eigentumswohnung in einer gefragten Wohnlage befindet.
- Im Streitfall bedarf der Aspekt der Übermaßbesteuerung keiner Vertiefung, da vorliegend kein „Typisierungsausreißer“ betroffen ist. Soweit die im Gesetz vorgesehenen weitreichenden Typisierungen und Pauschalierungen dazu führen sollten, dass im konkreten Einzelfall eine Verletzung des Übermaßverbotes droht, hat der BFH in seinen Beschlüssen vom 27.05.2024,
II B 78/23 und
II B 79/23, die Möglichkeit aufgezeigt, in den betroffenen Fällen im Wege einer verfassungskonformen Auslegung den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes zuzulassen. Der Gesetzgeber des Landes NRW hat dies inzwischen aufgegriffen und in Ergänzung zu § 220 BewG in § 2 des NWGrStHsG v. 4.7.2024 (GV NRW 2024, S. 490) geregelt, dass ein niedrigerer gemeiner Wert anzusetzen ist, wenn eine erhebliche Abweichung (mehr als 40 %) von dem nach dem BewG ermittelten Grundsteuerwert nachgewiesen wird und damit ein Entlastungsventil geschaffen. Allerdings erreicht der zum 1.1.2022 festgestellte und von den Klägern angegriffene Grundsteuerwert nur etwa 66 % des von den Klägern zweieinhalb Jahre vor dem Bewertungsstichtag im Jahr 2019 gezahlten Kaufpreises. - Soweit die Kläger sich mit ihrer Klage letztlich für eine vollständige Abschaffung der Grundsteuer in der bisherigen Form aussprechen, obliegt diese politische Entscheidung allein dem Gesetzgeber.
Noch anhängige Klageverfahren (Bundemodell)
Der Bund der Steuerzahler (BdSt) und Haus & Grund unterstützen mehrere Eigentümer, die sich gegen die Bewertung ihrer Grundstücke im Rahmen der Grundsteuerreform wehren und vor das BVerfG ziehen wollen.
Die Klagen richten sich gegen die Bescheide über die Feststellung des Grundsteuerwertes zum 1.1.2022. es wird die Höhe der pauschaliert (neu) festgesetzten Nettokaltmiete kritisiert, die nicht realisierbar sei:
Fall 1 – FG Berlin-Brandenburg (Az. 3 K 3142/23): Eine Eigentumswohnung in der Nähe einer Bahntrasse wurde zum Stichtag der Bewertung (1.1.2022) für 5,07 EUR kalt pro Quadratmeter vermietet. Der Bescheid geht von einer monatliche Nettokaltmiete von 9,32 EUR pro Quadratmeter als pauschalierte Miete nach dem neuen Bewertungssystem aus – beinahe 84% mehr als bisher. Das erscheint erstens realitätsfern und ist zweitens auch gar nicht realisierbar. Denn der Vermieter kann von seinem Mieter nur die Zustimmung zu einer Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen. Und auch das geht nur, wenn die Miete zum Zeitpunkt der beabsichtigten Erhöhung seit 15 Monaten unverändert war. Zudem enthält der Berliner Mietspiegel von 2021 als Mittelwert der ortsüblichen Miete lediglich einen Wert von 6,47 EUR pro Quadratmeter. Über diesen Wert kann der betroffene Eigentümer nicht hinausgehen. Versucht er es trotzdem, kann sich der Mieter gerichtlich dagegen wehren.
Fall 2 – FG Rheinland-Pfalz (Az. 4 K 1205/23): Ein Einfamilienhaus wurde zum Stichtag der Bewertung (1.1.2022) für 650 EUR kalt vermietet. Der Bescheid geht von einer monatlichen Nettokaltmiete von 895,52 EUR als pauschalierte Miete nach dem neuen Bewertungssystem aus – etwa 37% mehr als bisher. Auch hier ist die höhere Miete nicht realisierbar, denn in einem Mieterhöhungsgutachten von 2020 hat der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige eine ortsübliche Nettokaltmiete von 770 EUR ermittelt, ein weiteres Gutachten des Amtsgerichts kam auf eine ortsübliche Nettovergleichsmiete von 760 EUR. Die im angefochtenen Bescheid angesetzte Nettokaltmiete weicht deutlich von den beiden gutachterlich ermittelten Werten ab.
Fall 3 – FG Düsseldorf (Az. 11 K 2309/23 Gr): In Düsseldorf geht es um zwei Eigentumswohnungen im selben Objekt (Baujahr 1955) derselben Eigentümerin. Die erste Wohnung ist 58, die zweite Wohnung ist 60 qm groß. Aufgrund des Ansatzes eines höheren pauschalen Mietwertes für die kleinere Wohnung wurde hier ein Grundsteuerwert von 164.000 EUR festgestellt. Damit liegt die kleinere Wohnung rund 20.000 EUR über dem Wert der größeren Wohnung.
Ergangene bzw. ausstehende Entscheidungen in Hauptsacheverfahren (Ländermodelle)
Beim FG Baden-Württemberg waren unter den Aktenzeichen 8 K 2368/22 und 8 K 2491/22 bereits Musterklagen anhängig. Das FG hat zwar entschieden, dass das Landesgrundsteuergesetz v. 4.11.2020 verfassungsgemäß ist (FG Baden-Württemberg, Urteile v. 11.6.2024, 8 K 2368/22 und 8 K 1582/23). Die Revision gegen die Urteile an den BFH wurde allerdings zugelassen. Obwohl davon auszugehen ist, dass die betroffenen Steuerpflichtigen Rechtsmittel einlegen werden, ist bislang nicht bekannt, ob diesbezüglich Revisionen anhängig sind. Gleichwohl kann von den Steuerzahlern in Baden-Württemberg auf die Entscheidungen des FG Baden-Württemberg vom 11.6.2024 Bezug genommen werden, um mit Verweis auf die mögliche Verfassungswidrigkeit der Grundsteuer in Baden-Württemberg Einspruch gegen den eigenen Grundsteuerwertbescheid einzulegen.
Beim Niedersächsischen FG ist derzeit unter dem Az. 1 K 38/24 eine Klage zur Verfassungsmäßigkeit des Niedersächsischen Grundsteuergesetzes (NGrStG) anhängig. Zu dieser Frage sind bei den niedersächsischen Finanzämtern vermehrt Einsprüche anhängig, deren abschließende Entscheidung in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist.
Das Landesamt für Steuern Niedersachsen hat daher mit Allgemeinverfügung vom 28.8.2024, S 324 St 284-246/2023 – 3602/2023/S 0622-St 141-573/2023, Niedersächsisches Ministerialblatt v. 4.9.2024, Nr. 387, betreffend Einsprüche gegen Bescheide über die Grundsteueräquivalenzbeträge – Hauptfeststellung auf den 1.1.2022 (Grundlagenbescheid) und damit verbundene Einsprüche gegen Bescheide über den Grundsteuermessbetrag – Hauptveranlagung auf den 1.1.2025 (Folgebescheid) mit Zustimmung des Niedersächsischen Finanzministeriums als oberster Finanzbehörde auf Grund § 363 Abs. 2 Satz 3 AO Folgendes angeordnet:
„Bei den niedersächsischen Finanzämtern anhängige und zulässige Einsprüche nach § 347 AO gegen Bescheide über die Grundsteueräquivalenzbeträge – Hauptfeststellung auf den 1.1.2022 (Grundlagenbescheid) – und damit verbundene Einsprüche gegen Bescheide über den Grundsteuermessbetrag – Hauptveranlagung auf den 1.1.2025 (Folgebescheid) -, in denen die Einspruchsführerin/der Einspruchsführer (§ 359 AO) geltend macht, dass das Niedersächsische Grundsteuergesetz (NGrStG) nicht verfassungsgemäß sei, ruhen insoweit bis zur Rechtskraft des derzeit beim Niedersächsischen Finanzgericht unter dem Aktenzeichen 1 K 38/24 anhängigen Klageverfahrens (Anordnungsruhe).
Die Anordnungsruhe umfasst nur diesen Teil der Einspruchsverfahren. Betroffen davon sind Einsprüche gegen Bescheide für unbebaute und bebaute Grundstücke nach dem NGrStG (ohne land- und forstwirtschaftliches Vermögen).
Diese Verfügung gilt für bereits anhängige und auch für zukünftige Einsprüche, die mit der v. g- Begründung eingelegt wurden beziehungsweise werden.“
Hieraus folgt, dass durch die Anordnungsruhe über diese Einsprüche durch die niedersächsischen Finanzämter solange nicht entschieden wird, bis die Entscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts zu dem Aktenzeichen 1 K 38/24 rechtskräftig geworden ist. Dies schließt ein sich ggf. anschließendes Revisionsverfahren beim BFH ein. Die Anordnungsruhe ist damit eine Verfahrensvereinfachung für die Einspruchsführerinnen und Einspruchsführer sowie die Finanzämter. Eine inhaltliche Entscheidung wird mit der Anordnungsruhe nicht getroffen.
Durch die Anordnungsruhe wird ein davon umfasstes Einspruchsverfahren nur fortgesetzt, wenn die Einspruchsführerin/der Einspruchsführer dies beantragt oder die Finanzbehörde dies der Einspruchsführerin/dem Einspruchsführer mitteilt (§ 363 Absatz 2 Satz 4 AO). Einsprüche, die nur gegen Bescheide über den Grundsteuermessbetrag – Hauptveranlagung auf den 1.1.2025 (Folgebescheid) – eingelegt wurden bzw. noch eingelegt werden, ohne dass damit zugleich Einspruch gegen den Grundlagenbescheid eingelegt wurde bzw. wird, sind von der obigen Anordnung nicht umfasst. Denn Entscheidungen in einem Folgebescheid, die auf einem Grundlagenbescheid beruhen, hier: der Hauptfeststellung auf den 1.1.2022, können nur durch Anfechtung dieses Grundlagenbescheids angegriffen werden.
Kein Verfahren beim Hessischen FG anhängig (Ländermodell)
Der Hessische Landtag hat am 14.12.2021 das Hessische Grundsteuergesetz beschlossen (Hessisches Grundsteuergesetz [HGrStG] v. 15.12.2021, GVBl. 2021 S. 906). Das hessische Flächen-Faktor-Verfahren basiert auf der Grundlage des bayerischen Flächen-Modells. Das HGrStG ergänzt dieses allerdings um einen lagebezogenen Faktor, der die Grundstückslage bei der Berechnung mit einfließen lässt. Dieser Faktor berechnet sich im Grunde genommen durch das Verhältnis von dem Zonen-Bodenrichtwert eines Grundstücks zu dem durchschnittlichen Bodenrichtwert in der jeweiligen Gemeinde. Der Bodenrichtwert dient also als Indikator für eine gute oder schlechtere Lage.
Da bislang wegen des hessischen Ländermodells kein Klageverfahren beim Hessischen FG anhängig gemacht worden ist, weisen die hessischen Finanzämter die Einsprüche mit Muster-Einspruchsentscheidungen als unbegründet zurück und sehen für eine Verfahrensruhe nach § 363 AO keine Veranlassung. Damit ein Ruhen der Einspruchsverfahren grundsätzlich in Betracht kommt, müsste ein Steuerpflichtiger Klage gegen die ablehnende Einspruchsentscheidung eines hessisches Finanzamts einlegen.
Die Finanzämter vertreten die Auffassung, dass die Festsetzung des Grundsteuermessbetrags rechtmäßig ist. Insbesondere sie das HGrStG verfassungsgemäß. Auch der Einwand, dass auf der Grundlage der Messbetragsfestsetzung die Höhe der Grundsteuer noch nicht erkennbar sei (unbekannte Belastungshöhe), greife nicht durch.
Hinweis: Zwischenzeitlich liegen auch mehrere – allerdings divergierende – Entscheidungen verschiedener Finanzgerichte und erste Entscheidungen des BFH in Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung nach § 69 FGO vor. Zum Hintergrund: Nach dieser Vorschrift soll das Gericht auf Antrag die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen. Ernstliche Zweifel sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts neben den für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen bewirken. Ernstliche Zweifel können auch verfassungsrechtliche Zweifel an der Gültigkeit einer dem angefochtenen Verwaltungsakt zugrunde liegenden Norm sein. So haben
die beantragte Aussetzung der Vollziehung der Grundsteuerwertbescheide auf den 1.1.2022 abgelehnt. Das FG Nürnberg sieht bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen (in Bayern: reines Flächenmodell). Das FG Berlin-Brandenburg hat die Frage, ob überhaupt Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der neuen grundsteuerlichen Bewertungsvorschriften (in Berlin und Brandenburg: Bundesmodell) bestehen, offen gelassen. Das FG Düsseldorf hatte in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes insbesondere die Nutzbarkeit eines Gebäudes zum Feststellungszeitpunkt zu beurteilen. Die Antragstellerin war Eigentümerin eines Gewerbegrundstücks. Im Zuge eines Gesellschafterwechsels wurde der Wert der Immobilie im dazugehörigen Übertragungsvertrag mit 200.000 EUR angesetzt. Das Finanzamt stellte den Grundsteuerwert dagegen auf Basis der Angaben in der Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts auf 836.000 EUR fest. Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin unter Hinweis darauf, dass die Grundsteuerbewertung vielfach als verfassungswidrig angesehen werde, Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung dieses Bescheids in Höhe eines Teilbetrags von 636.000 EUR. Weil das Finanzamt über den behördlichen Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist (hier. Zeitraum von fast 2 Monaten) sachlich nicht entscheiden hat, beantragte die Antragstellerin die Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 FGO beim FG. Ihren gerichtlichen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Grundsteuerwertfeststellungsbescheids begründete die Antragstellerin u. a. damit, dass der Gesetzgeber den tatsächlichen Wertverhältnissen mit der Neuregelung der Vorschriften zur Bewertung des Grundbesitzes für die Grundsteuer nicht genügend Rechnung getragen habe. Die Antragstellerin habe das Objekt im Jahr 2016 für 350.000 EUR aus einer Insolvenzmasse heraus erworben. Es habe sich herausgestellt, dass erhebliche Feuchtigkeitsschäden, marode Wasserleitungen und eine nicht mehr einsetzbare Elektrik vorlägen. Das Objekt müsse völlig entkernt werden und sei unter Zugrundelegung seines Zustands im Rohbau zu bewerten. Das Finanzamt – der Antragsgegner – führte hingegen aus, dass besondere objektspezifische Merkmale wie der Zustand eines Gebäudes bei der Grundsteuerwertermittlung nicht gesondert zu berücksichtigen seien. Das FG Düsseldorf hat dem Antrag teilweise stattgegeben ( Bei summarischer Prüfung bestünden ernstliche Zweifel, dass das Grundstück den Begriff des bebauten Grundstücks erfülle. Auf den vorgelegten Fotos sei der vorgetragene Rohbauzustand erkennbar. Bei dieser Sachlage sei zweifelhaft, dass sich auf dem Grundstück noch auf Dauer bestimmungsgemäß benutzbare Gebäude befänden. Eine weitergehende Aussetzung wegen möglicher Verfassungswidrigkeit der Bewertungsvorschriften lehnte das FG mangels eines besonderen berechtigten Aussetzungsinteresses ab. Das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung sowie am Vollzug eines ordnungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes überwiege das Interesse der Antragstellerin, das allein darin bestehe, die Grundsteuer ab dem 1.1.2025 nicht unter Zugrundelegung des mit dem angefochtenen Bescheid festgestellten Grundsteuerwerts entrichten zu müssen. Gegen die Entscheidung hat das Gericht die Beschwerde zum BFH zugelassen. Das FG Rheinland-Pfalz hatte hingegen eine bürgerfreundliche Entscheidung getroffen und „den Stein ins Rollen gebracht“. Es hatte damit als erstes Gericht ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Grundsteuerwertfeststellung im sog. Bundesmodell geäußert (Beschlüsse v. 23.11.2023, 4 V 1295/23, EFG 2024, S. 93 und 4 V 1429/23, EFG 2024, S. 135, die jeweils 94 Seiten (!) umfassen). Das FG hat in beiden Verfahren die Beschwerde zum BFH zugelassen (Az. beim BFH: II B 78/23 [AdV] und II B 79/23 [AdV]). Im ersten Fall ging es um die Feststellung des Grundsteuerwerts für ein 1980 erbautes Einfamilienhaus. Das Finanzamt setzte hier den Grundsteuerwert nach dem gesetzlich normierten Mietwert pro Quadratmeter an, obwohl die Grundeigentümerin zuvor geltend gemacht hatte, dass dieser zu hoch sei: Das Haus sei seit Jahrzehnten unrenoviert und noch mit einfachverglasten Fenstern versehen. Der zweite Fall betraf ein 1977 errichtetes Einfamilienhaus, bei dem die Grundeigentümer einen Abschlag von 30% auf den Bodenrichtwert geltend machten. Sie argumentierten, das Grundstück sei nur eingeschränkt nutzbar, weil es an einem Hang liege und nur durch einen Privatweg erschlossen sei. Die Finanzämter berücksichtigten diese Einwände nicht. Das FG zweifelte nach der in Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung an der einfachrechtlichen Rechtmäßigkeit der einzelnen Bescheide und der Verfassungsmäßigkeit der zugrunde liegenden Bewertungsregeln. Einfachrechtlich bezweifelte es, dass die entscheidend in die Bewertung eingeflossenen Bodenrichtwerte rechtmäßig zustande gekommen sind. Das FG stellte infrage, dass die rheinland-pfälzischen Gutachterausschüsse unabhängig sind, weil es nach der rheinland-pfälzischen Gutachterausschussverordnung möglich sei, dass der Vorsitzende des Gutachterausschusses durch die Auswahl der Mitglieder nach Anzahl und konkreter Besetzung Einfluss nehmen könne. Entsprechendes gelte auch bezüglich des für die Bodenwertermittlung zwingend im Gutachterausschuss mitwirkenden Bediensteten der Finanzverwaltung. Das FG zweifelte ferner daran, dass die Bodenrichtwerte aus einer ausreichenden Datengrundlage ermittelt werden. In den Kaufpreissammlungen der Gutachterausschüsse, aus denen die Richtwerte abgeleitet würden, seien erhebliche Datenlücken und damit einhergehend erhebliche Verzerrungen bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte zu befürchten. Zudem müsse es Steuerpflichtigen möglich sein, eine Abweichung vom typisierten Grundsteuerwert nachzuweisen. Dies leitete das FG aus einer verfassungskonformen Auslegung des Bewertungsrechts ab. Anderenfalls könnten aufgrund der nahezu vollständig typisierten Besteuerung erhebliche Härten entstehen. Als Nachweis für einen niedrigeren Grundstückswerts sei auch kein förmliches Sachverständigengutachten zu fordern. Art. 3 GG belasse dem Steuergesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstands ebenso wie bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Um Typisierungen und Pauschalierungen verfassungsrechtlich rechtfertigen zu können, müssten jedoch deren verfassungsrechtliche Grenzen gewahrt bleiben. Dies sei nur der Fall, wenn die daraus erwachsenden Vorteile in einem angemessenen Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stünden, wenn der Gesetzgeber sich realitätsgerecht am typischen Fall orientiere und ein vernünftiger, einleuchtender Grund vorhanden sei. Erweise sich eine gesetzliche Regelung als in substanziellem Umfang grundsätzlich gleichheitswidrig, könnten weder ein Höchstmaß an Verwaltungsvereinfachung noch die durch eine solche Vereinfachung weitaus bessere Kosten-/Nutzenrelation zwischen Erhebungsaufwand und Steueraufkommen dies auf Dauer rechtfertigen. Ausgehend von diesen Maßstäben habe das FG bereits deshalb erhebliche Zweifel an der Verfassungsrechtmäßigkeit der Bewertungsvorschriften gemäß §§ 218 ff. BewG, weil sich weder aus diesen noch aus den Vorschriften des GrStG der steuerliche Belastungsgrund der Grundsteuer entnehmen lasse, an dem dann die maßgeblich zur Feststellung der grundsteuerlichen Bemessungsgrundlage dienenden Bewertungsvorschriften gemessen werden könnten. Ungeachtet der dadurch ausgelösten Problematik, den Folgerichtigkeitsmaßstab nicht konsequent an eine Belastungsgrundentscheidung anlegen zu können, habe das FG auch erhebliche Zweifel daran, dass die verfahrensgegenständlichen Vorschriften der §§ 218 ff. BewG grundsätzlich geeignet seien, zu einer realitäts- und relationsgerechten Grundstücksbewertung zu führen. Wertverzerrungen seien keineswegs auf atypische Sonderfälle oder vernachlässigbare Korrekturen in Randbereichen beschränkt, sondern beträfen den gesamten Kernbereich der Grundsteuerwertermittlung. Zudem würden alle individuellen Umstände der konkret bewerteten Grundstücke „nahezu vollständig“ vernachlässigt. Die gewählte Regelungstechnik bewirke eine „gleichheitswidrige Nivellierung der Grundstücksbewertung“. Hochwertige Immobilien würden systematisch unterbewertet und Immobilien, die sich in weniger begehrten Lagen beziehungsweise in schlechterem baulichen Zustand befänden oder deren Ausstattungsmerkmale weniger hochwertig seien, würden überbewertet. Die Regelungen führten zudem in erheblichem Umfang zu Wertverschiebungen. Insgesamt könne nicht mehr von einer gleichheitsgerechten Bewertung ausgegangen werden. Außerdem erkannte das FG ein gleichheitswidriges Vollzugsdefizit bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte, weil diese Werte häufig aus der Aufteilung von Gesamtkaufpreisen in einen Gebäude- und einen Bodenanteil ermittelt würden, ohne dass den Gutachterausschüssen effektive Instrumente zur Sachverhaltsermittlung sowie zur Verifikation der Angaben von Grundstückseigentümern zur Verfügung stünden. |
Wichtig: BFH gewährt AdV im sog. Bundesmodell Der BFH hat die Beschwerden der Finanzverwaltung in den Verfahren II B 78/23 [AdV] und II B 79/23 [AdV) mit Beschlüssen v. 27.5.2024 als unbegründet zurückgewiesen und entschieden, dass das FG die angefochtenen Feststellungsbescheide zu Recht von der Vollziehung ausgesetzt hat. Nach Auffassung des BFH bestehen bereits einfachrechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitigen Grundsteuerwertfeststellungen in Bezug auf die Höhe der festgestellten Grundsteuerwerte. Diese Zweifel ergäben sich daraus, dass den Steuerpflichtigen bei verfassungskonformer Auslegung der Bewertungsvorschriften die Möglichkeit eingeräumt werden müsse, bei einer Verletzung des Übermaßverbots einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen, auch wenn der Gesetzgeber einen solchen Nachweis nicht ausdrücklich geregelt habe. Der Gesetzgeber verfüge gerade in Massenverfahren der vorliegenden Art über einen großen Typisierungs- und Pauschalierungsspielraum. Das Übermaßverbot könne jedoch verletzt sein, wenn sich der festgestellte Grundsteuerwert als erheblich über das normale Maß hinausgehend erweise. Dies setze nach der bisherigen Rechtsprechung zu anderen typisierenden Bewertungsvorschriften voraus, dass der festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert um 40 % oder mehr übersteige. In beiden Streitfällen kam der BFH zu dem Ergebnis, es sei bei summarischer Prüfung nicht auszuschließen, dass die Antragsteller jeweils aufgrund einzelfallbezogener Besonderheiten den erfolgreichen Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts ihrer Grundstücke mit der erforderlichen Abweichung zu den festgestellten Grundsteuerwerten führen könnten. Eine abschließende Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit des neuen Bewertungsrechts sei damit nicht verbunden. Bei den Beschlüssen des BFH handelt es sich (nur) um Entscheidungen im Aussetzungsverfahren. (Die) Hauptsacheverfahren hinsichtlich verfassungsmäßiger Bedenken sind weiterhin beim FG Rheinland-Pfalz anhängig. Es bleibt abzuwarten, ob das FG Rheinland-Pfalz in einem Hauptsacheverfahren dem BVerfG die Frage nach der Verfassungswidrigkeit der neuen Grundsteuer vorlegen wird. |
Mögliche Entscheidungen des BVerfG
Sollte BVerfG entscheiden müssen, besteht theoretisch die Möglichkeit, dass es die neue Grundsteuer für nichtig erklärt. Dann müsste von Beginn an eine Neuregelung getroffen werden. Einer solchen Entscheidung stehen bei realistischer Betrachtung sowohl volkswirtschaftliche als auch politische Gründe entgegen. Denn das Besteuerungsaufkommen der Gemeinden wäre durch eine erneute Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Bewertungsvorschriften ernsthaft gefährdet. Das Gericht könnte daher – wie in der Vergangenheit bei Steuergesetzen häufig – auch (nur) die Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz feststellen und festlegen, ab wann die Regelungen nicht mehr angewendet werden dürfen (sog. „pro-futuro-Rechtsprechung“).
Konsequenzen aus den BFH-Beschlüssen: Verwaltung folgt Auffassung der Münchner Richter
Die obersten Finanzbehörden der Länder haben die Beschlüsse des BFH zum Anlass genommen, am 24.6.2024 sog. koordinierte Ländererlasse herauszugeben (Oberste Finanzbehörden der Länder v. 24.6.2024, S 3017, BStBl 2024 I S. 1073). Sie weisen die Finanzämter in diesen Erlassen an, wie mit diesen Beschlüssen in der Praxis umzugehen ist.
Achtung: Weisungen gelten nur für das Bundesmodell Der BFH hat sich in seinen Beschlüssen ausschließlich mit der Grundsteuer im Bundesmodell befasst. Die Weisungen sind dementsprechend nur von den Ländern herausgegeben, in denen bei der Grundsteuer das Bundesmodell anzuwenden ist. Dies bedeutet, dass die koordinierten Länderlasse vom 24.6.2024 keine Weisungen für die Finanzämter in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen und Hamburg darstellen. |
Die koordinierten Ländererlasse enthalten zum Ansatz eines niedrigeren gemeinen Werts bei der Bewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer ab 1.1.2025 die nachfolgenden Regelungen:
Zur verfassungskonformen Anwendung der Bewertungsvorschriften zur Feststellung von Grundsteuerwerten ist ein für die gesamte wirtschaftliche Einheit nachgewiesener niedrigerer gemeiner Wert anzusetzen, wenn der nach den §§ 218 ff. BewG ermittelte Grundsteuerwert den nachgewiesenen gemeinen Wert unter Berücksichtigung der Wertverhältnisse vom Hauptfeststellungszeitpunkt (§ 227 BewG) um mindestens 40 % übersteigt. Den Steuerpflichtigen trifft die Nachweislast für einen niedrigeren gemeinen Wert und nicht eine bloße Darlegungslast. Für den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts gelten in entsprechender Anwendung des § 198 Abs. 1 Satz 2 BewG grundsätzlich die auf Grund des § 199 Abs. 1 BauGB erlassenen Vorschriften. Als Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts kann
- in entsprechender Anwendung des § 198 Abs. 2 BewG regelmäßig ein Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses i. S. d. §§ 192 ff. BauGB oder von Personen, die von einer staatlichen, staatlich anerkannten oder nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken bestellt oder zertifiziert worden sind, dienen;
- darüber hinaus in entsprechender Anwendung des § 198 Abs. 3 BewG ein im gewöhnlichen Geschäftsverkehr innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt zustande gekommener Kaufpreis über den zu bewertenden Grundbesitz dienen, wenn die maßgeblichen Verhältnisse der wirtschaftlichen Einheit gegenüber den Verhältnissen am Hauptfeststellungszeitpunkt unverändert sind.
Hinweis: Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts von erbbaurechtsbelasteten Grundstücken Für den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts von erbbaurechtsbelasteten Grundstücken gelten die obigen Grundsätze entsprechend. In diesen Fällen ist für das Erbbaurecht und das Erbbaugrundstück ein Gesamtwert zu ermitteln, der zu ermitteln wäre, wenn die Belastung mit dem Erbbaurecht nicht bestünde. In Fällen mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts ein Gesamtwert für den Grund und Boden sowie für das Gebäude zu ermitteln. |
Anwendung der Erlasse und Vorgehen bei Bestandskraft von Bescheiden
Die v. g. Regelungen sind in allen noch offenen Fällen anzuwenden. In Fällen, in denen
- der Grundsteuerwert den nachgewiesenen gemeinen Wert um mindestens 40 % übersteigt,
- der Grundsteuerwert bereits bestandskräftig festgestellt wurde und
- die Feststellung nicht mehr nach den Korrekturvorschriften der AO änderbar ist,
ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine fehlerbeseitigende Wertfortschreibung (§ 222 Abs. 3 BewG) vorliegen. Bei Durchführung der fehlerbeseitigenden Wertfortschreibung ist die Wertfortschreibungsgrenze (§ 222 Abs. 1 BewG) zu beachten. Danach wird der Grundsteuerwert neu festgestellt (Wertfortschreibung), wenn der in EUR ermittelte und auf volle 100 EUR abgerundete Wert, der sich für den Beginn eines Kalenderjahres ergibt, von dem entsprechenden Wert des letzten Feststellungszeitpunkts nach oben oder unten um mehr als 15.000 EUR abweicht.
Aussetzung der Vollziehung von Bescheiden über die Feststellung des Grundsteuerwerts
Im Hinblick auf die Beschlüsse des BFH v. 27.5.2024 (II B 78/23 (AdV) und II B 79/23 (AdV)) ist ab sofort Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung von Bescheiden über die Feststellung des Grundsteuerwerts zu entsprechen, wenn und soweit schlüssig dargelegt wird, dass der Grundsteuerwert den Verkehrswert um mindestens 40 % übersteigt.
Bei der Gewährung der Aussetzung der Vollziehung ist – anders als in einem Einspruchsverfahren – die Vorlage eines Verkehrswertgutachtens noch nicht erforderlich. Substantiierten Angaben des Steuerpflichtigen zur Höhe des Verkehrswerts ist zu folgen. Es bestehen keine Bedenken, als Ergebnis der summarischen Prüfung vorbehaltlich anderweitiger Erkenntnisse 50 % des Grundsteuerwerts von der Vollziehung auszusetzen. Die Aussetzung der Vollziehung soll angemessen befristet und der Steuerpflichtige zum Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts (z. B. durch Vorlage eines Gutachtens) innerhalb dieser Frist aufgefordert werden.
Ansatzpunkte für einen Einspruch wegen möglicher Verfassungswidrigkeit der neuen Grundsteuerwerte
Inzwischen gehen dem Vernehmen nach bei den Finanzämtern nach wie vor täglich „waschkörbeweise“ Einsprüche gegen die Feststellungen der Grundsteuerwerte auf den 1.1.2022 ein, mit denen insbesondere verfassungsrechtlicher Zweifel an den neuen Regelungen geltend gemacht werden. Die Flut der Einspruchsverfahren ist keinesfalls rückläufig, denn die Finanzämter sind zwischenzeitlich dazu übergegangen, in den Fällen, in denen betroffene Steuerpflichtige keine Feststellungserklärungen zur Grundsteuer abgegeben haben, die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO schätzen. Während die Steuerpflichtigen in den sog. „Schätzungsfällen“ in einem ersten Schritt zunächst eine Feststellungserklärung zur Grundsteuer abgeben bzw. die Abgabe zumindest in Aussicht stellen, gehen die einspruchsführenden Steuerpflichtigen hinsichtlich der Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der neuen Grundsteuerwerte regelmäßig von folgenden Erwägungen aus (vgl. hierzu auch die Beschlüsse des FG Rheinland-Pfalz v. 23.11.2023, 4 V 1295/23, ], EFG 2024, S. 93 und 4 V 1429/23, EFG 2024, S. 135):
Die neuen Bewertungsverfahren sowohl im Bereich des Grundvermögens als auch im Bereich des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens sehen aus Vereinfachungsgründen umfassende Typisierungen vor. Nach der Rechtsprechung des BVerfG steht es dem Gesetzgeber zwar grundsätzlich frei, bestimmte Bewertungsparameter typisierend festzulegen und deren Rechtsverbindlichkeit bei der Bewertung von Grundbesitz anzuordnen, solange die Grenzen der Typisierung eingehalten sind. Die Typisierung, die der Bewertung zugrunde liegt, rechtfertigt aber keine Verletzung des Übermaßverbots im Einzelfall.
Das Übermaßverbot ist verletzt, wenn die Folgen einer schematisierenden Belastung extrem über das normale Maß hinausgehen, das der Schematisierung zugrunde liegt, oder – anders ausgedrückt – die Folgen auch unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Planvorstellungen durch den gebotenen Anlass nicht mehr gerechtfertigt sind (vgl. z. B. BFH, Urteil v. 2.7.2004, II R 22/02, BFH/NV 2004, S. 1519, m. w. N.).
Der Gesetzgeber hat sich im Bundesmodell dafür entschieden, den typisiert ermittelten Grundstückswert als Belastungswert heranzuziehen. Hierbei akzeptiert er aber extreme Nivellierungen der Grundsteuerwerte durch die typisierte Bewertung. Das Bundesmodell sieht keine gesetzliche Möglichkeit vor, einen niedrigeren gemeinen Wert als den sich nach den Bewertungsvorschriften des BewG ergebenden nachzuweisen. Die Möglichkeit des Nachweises von tatsächlich niedrigeren Bodenrichtwerten (oder auch Vergleichsmieten) gebietet aber das grundgesetzliche Übermaßverbot. Für das Bundesmodell muss daher die Möglichkeit eröffnet werden, durch ein Gutachten oder sonstige aussagekräftige Unterlagen nachzuweisen, dass der tatsächliche Bodenwert des Grundstücks erheblich von dem nach § 247 Abs. 1 Satz 2 BewG unangepassten Bodenrichtwert abweicht (vgl. hierzu auch die Beschlüsse des BFH v. 27.5.2024, II B 78/23 (AdV) und II B 79/23 (AdV) sowie die koordinierte Ländererlasse (Oberste Finanzbehörden der Länder v. 24.6.2024, S 3017, BStBl 2024 I S. 1073).
Zudem stehen die finanziellen Auswirkungen der Grundsteuer erst nach Festsetzung der nachfolgenden Grundsteuerbescheide durch die Gemeinden fest. Zu diesem Zeitpunkt werden die Grundsteuerwertbescheide (als Grundlagenbescheide) jedoch regelmäßig bereits bestandskräftig sein. Die Rechtsfolgen der Grundsteuerwertbescheide lassen sich damit in Ermangelung angepasster Hebesätze bis zum Ende der Rechtsbehelfsfrist der Grundlagenbescheide nicht absehen. Dies könnte gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip resultierende Bestimmungsgebot, dass auch im Steuerrecht gilt, verstoßen.
Das Bestimmungsgebot besagt, dass der Bürger erkennen muss, welche Rechtsfolgen sich aus seinem Verhalten ergeben können. Die staatliche Reaktion auf sein Handeln muss also voraussehbar sein, andernfalls bestünde die Gefahr einer staatlichen Willkür. Der Bestimmtheitsgrundsatz schafft also Rechtssicherheit.
Die Finanzverwaltung weist derartige Einsprüche – soweit hier bekannt – entgegen ihrer in vergleichbaren Fällen üblichen Vorgehensweise überwiegend nicht als unbegründet zurück, sondern bringt die Einspruchsverfahren mit Zustimmung der Einspruchsführer nach § 363 Abs. 2 Satz 1 AO zum Ruhen bzw. ruhten die Einspruchsverfahren bislang wegen der beim BFH anhängigen Beschwerdeverfahren
II B 78/93 (AdV) und
II B 79/23 (AdV) nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO kraft Gesetzes (sog. Zwangsruhe). Ob die Finanzämter in den Einspruchsverfahren, in den sich Steuerpflichtige (ausschließlich) auf die Verfahren II B 78/93 (AdV) und II B 79/23 (AdV) berufen haben, nunmehr Forstsetzungsmitteilungen nach § 363 Abs. 2 Satz 4 AO erlassen werden, bleibt abzuwarten.
Das Ruhen der Einspruchsverfahren bei den Finanzämtern ist aus unserer Sicht sinnvoll und zu begrüßen, denn ansonsten würde den Finanzgerichten eine nicht zu bewältigende „Klagewelle“ drohen.
Wir haben nachfolgend eine Formulierungshilfe für einen Einspruch gegen einen Grundsteuerwertbescheid im Bundesmodell für Sie erarbeitet.
FormulierungshilfeAktenzeichen … Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit lege(n) ich/wir Einspruch gegen den oben genannten Steuerbescheid vom tt.mm.jjjj ein. Den Einspruch begründe(n) ich/wir wie folgt: Die dem Bescheid zugrunde liegenden gesetzlichen Regelungen des Bewertungsgesetzes sind meines/unseres Erachtens verfassungswidrig. Die Grundsteuerwerte werden in einem typisierten Verfahren ermittelt. Bei der Wertbestimmung des Grund und Bodens werden objektspezifische Besonderheiten nicht berücksichtigt. Es besteht grundsätzlich auch keine Möglichkeit, durch ein Sachverständigengutachten oder sonstige aussagekräftige Unterlagen den Nachweis zu führen, dass der tatsächliche gemeine Wert niedriger ist. Dies verletzt das verfassungsrechtliche Gebot des Übermaßprinzips (vgl. hierzu die Beschlüsse des BFH v. 27.5.2024, II B 78/23 [AdV] und II B 79/23 [AdV]). Wenn die Festsetzung der Grundsteuer durch die Gemeinde an den Wert des Grundstücks anknüpfen soll, muss der Wert des Grundstücks realitätsgerecht ermittelt werden (vgl. hierzu auch Die finanziellen Auswirkungen der Grundsteuer stehen zudem erst fest, nachdem die Gemeinden die Grundsteuerbescheide erlassen haben. Dann werden die (anzufechtenden) Grundlagenbescheide in nahezu allen Fällen bereits in Bestandskraft erwachsen sein. Aufgrund der zeitlichen Diskrepanz zwischen dem Erlass der Grundlagen- und Folgebescheide verstoßen die Grundlagenbescheide gegen den staatlichen Bestimmtheitsgrundsatz. Ich/wir beantrage(n) unter Hinweis auf die beim FG Berlin-Brandenburg (Az. 3 K 3142/23), beim FG Rheinland-Pfalz (Az. 4 K 1205/23) und beim FG Düsseldorf (Az. 11 K 2309/23 Gr) anhängigen Klageverfahren das Ruhen des Einspruchsverfahrens nach § 363 Abs. 2 Satz 1 AO bis die finanziellen Konsequenzen der Bescheide klar ersichtlich sind. Ich/Wir stimme(n) einem solchen Ruhen des Verfahrens bereits jetzt zu. Sollte gegen das Urteil des Für den Fall, dass Sie meinen/unseren Ausführungen nicht folgen und Anträgen nicht entsprechen wollen, beantrage(n) ich/wir die Erörterung des Sach- und Rechtsstands nach § 364a AO. Mit freundlichen Grüßen Herr Mustermann/Frau Musterfrau |
Kosten eines Einspruchsverfahrens
Das Einspruchsverfahren ist nicht kostenpflichtig. Steuerpflichtige und Finanzbehörden haben jeweils ihre eigenen Aufwendungen zu tragen. Das bedeutet allerdings auch im Umkehrschluss, dass Steuerpflichtige, die sich durch einen Angehörigen der steuerberatenden Berufe vertreten lassen, dessen Kosten selbst dann nicht erstattet bekommen, wenn ihrem Einspruch stattgegeben wird.
Einsprüche sind durch den Steuerberater, sofern keine Vergütungsvereinbarung nach § 4 StBVV besteht, gemäß §40 StBVV, der auf die Vorschriften des RVG verweist, abzurechnen. Da es sich bei dem Grundsteuerwert allerdings nicht um eine Geldleistung handelt, kann – wie sonst üblich – nicht unmittelbar auf die streitige Differenz zwischen dem angefochtenen Grundsteuerwert und dem erstrebten Grundsteuerwert abgestellt werden. Auf die Differenz zwischen der Grundsteuer kann derzeit schon deshalb nicht abgestellt werden, weil die Grundsteuerhebesätze voraussichtlich erst im Herbst 2024 festgelegt werden.
Es bietet sich daher an, Grundsteuerwerte nach neuem Recht bis zur Festlegung der neuen Hebesätze in Ländern, die das Bundesmodell anwenden, unter Zugrundelegung der älteren Rechtsprechung zur Streitwertbemessung bei Einheitswertbescheiden abzurechnen. In Ländern mit abweichenden Ländermodellen sind hierzu zunächst die fiktiven Werte entsprechend § 24 Abs. 1 Nr. 11a StBVV hochzurechnen. Alternativ kommt eine Abrechnung mit dem Auffangstreitwert (5.000 EUR) in Betracht (vgl. hierzu ausführlich Simon Beyme, Welcher Streitwert ist bei Einsprüchen gegen Grundsteuerwertbescheide anzusetzen?, KP Kanzleiführung professionell, Heft 12/2022, Seite 218 ff.).