Nach den Grundsätzen des BFH-Urteils v. 16.9.2015, IX R 12/14, ist eine von den Vertragsparteien im Kaufvertrag vereinbarte Aufteilung des Gesamtkaufpreises auf die einzelnen Wirtschaftsgüter der Besteuerung zugrunde zu legen, sofern sie zum einen nicht nur zum Schein getroffen wurde sowie keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt. außerdem darf sie – nach einer Gesamtwürdigung der Einzelumstände – die realen Wertverhältnisse nicht in grundsätzlicher Weise verfehlen und muss wirtschaftlich haltbar erscheinen.
Fehlt eine Aufteilung durch die Vertragsparteien oder ist diese nicht anzuerkennen, ist der Gesamtkaufpreis nach dem Verhältnis der Verkehrswerte (privater Bereich) bzw. der Teilwerte (betrieblicher Bereich) auf Grund und Boden und Gebäude aufzuteilen.
Bundeseinheitliche Arbeitshilfe (Berechnungsvorlage)
Die obersten Finanzbehörden von Bund und Ländern haben eine Arbeitshilfe (Berechnungsvorlage) zur Verfügung gestellt, die es unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung ermöglicht, in einem typisierten vereinfachten Verfahren eine Kaufpreisaufteilung vorzunehmen bzw. die Plausibilität einer vorliegenden Kaufpreisaufteilung zu prüfen. Es handelt sich um ein qualifiziertes Schätzungsverfahren, dessen Ergebnis keine Bindungswirkung hat und das im konkreten Einzelfall, insbesondere durch die begründete Stellungnahme eines Immobiliensachverständigen, widerlegt werden kann.
Abweichung von nicht mehr als 10 %
Beträgt der Unterschied zwischen einem vom Steuerpflichtigen angesetzten Gebäudewert und dem vom Finanzamt mit der Berechnungsvorlage ermittelten Gebäudewert nicht mehr als 10 Prozent und nicht mehr als 10.000 EUR, ist der Kaufpreisaufteilung des Steuerpflichtigen zu folgen.
Fall des FG München: Einholung eines Sachverständigengutachtens
In einem aktuellen Klageverfahren vor dem FG München setzten die Kläger die Kaufpreisaufteilung laut Kaufvertrag an. Dem folgte das Finanzamt nicht und setzte die Aufteilung laut Arbeitshilfe des BMF an (Aufteilung lag mehr als 10 % auseinander). Im weiteren Verfahren hat dann das FG die Beweisaufnahme durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens beschlossen. In Beziehung zu dem nach dem Gutachten bestimmten Anteil am Kaufpreis betrug die Abweichung zum Kläger nur noch 4,49 %.
Das Finanzamt war nun der Auffassung, dass die Ermittlung der Wertverhältnisse in dem Sachverständigengutachten zutreffend sei und die Kaufpreisaufteilung nach dem Sachverständigengutachten erfolgen solle. Die im notariellen Vertrag vereinbarte Kaufpreisaufteilung sei nicht zugrunde zu legen.
FG München: Aufteilung laut Kaufvertrag
Das FG München hat dem Finanzamt aber nicht zugestimmt, sondern die Aufteilung im Kaufvertrag angesetzt (Urteil v. 10.4.2024, 12 K 861/19, rkr.).
Nach Auffassung des FG ist die Abweichung zwischen der vertraglich vereinbarten AfA-Bemessungsgrundlage und der nach dem Gutachten ermittelten AfA-Bemessungsgrundlage unbeachtlich. Eine Grenze der Angemessenheit für eine vertragliche Kaufpreisaufteilung werde zwar in der höchstrichterlichen Rechtsprechung und in der Literatur nicht exakt formuliert. Eine Abweichung zwischen der vertraglich vereinbarten AfA-Bemessungsgrundlage und der nach dem Gutachten ermittelten AfA-Bemessungsgrundlage von weniger als 10 % sei aber unbeachtlich.
Dies schließt das FG schon aus dem Umstand, dass regelmäßig davon ausgegangen werden kann, dass eine Abweichung zwischen den Ergebnissen verschiedener Gutachten unter gleichen Annahmen bzw. eines korrekt ermittelten Verkehrswertes vom tatsächlich erzielten Kaufpreis von ca. +/- 10 % bei allen Objektarten nicht ungewöhnlich sein muss. Diese Abweichung werde mit der „natürlichen“ Marktspanne begründet, die dazu führt, dass selbst im Rahmen von Kaufpreisverhandlungen unterschiedliche Preise für ähnliche Immobilien erzielt werden. So sei eine empirisch belegbare Markt-Schwankungsbreite bei Eigentumswohnungen von ca. 10 % feststellbar.
Deshalb könne einer vertraglich vereinbarten Kaufpreisaufteilung nicht die Angemessenheit abgesprochen werden, wenn die Abweichung der vertraglich vereinbarten Kaufpreisaufteilung von der gutachterlichen Wertermittlung weniger als 10 % beträgt.