Außerdem ging es in dem Verfahren um die Frage, ob das Finanzamt befugt war, über die Anwendbarkeit des § 176 Abs. Satz 1 Nr. 3 AO isoliert mittels Verwaltungsakt zu entscheiden.
Gestaltung mit RETT-Blocker
Die Klägerin hielt Beteiligungen an diversen Gesellschaften, die ihrerseits diverse Grundstücke hielten.
Im Rahmen von Umstrukturierungsmaßnahmen im August 2012 erfolgten Änderungen in den Gesellschafterstrukturen, in deren Folge die Klägerin u.a. an einer grundstückshaltenden Gesellschaft – wie zuvor – unstreitig mittelbar 93,3 4 % der Anteile hielt. Die übrigen 6,66 % der Anteile hielt nunmehr die X-GmbH & Co. KG, deren alleinige Kommanditistin wiederum die Klägerin war. Komplementärin der X-GmbH & Co. KG war eine GmbH, an der die Klägerin nicht beteiligt war (sog. RETT-Blocker).
Finanzamt nimmt Anteilsvereinigung an
Eine Grunderwerbsteuerfestsetzung erfolgte für diesen Vorgang zunächst nicht.
Nach Durchführung einer Groß- und Konzernbetriebsprüfung im Jahr 2019 kam das Finanzamt aber zu dem Ergebnis, dass der Klägerin ab August 2012 neben der unstreitigen Beteiligung in Höhe von 93,34 % an der grundstückshaltenden Gesellschaft auch die mittelbar über die X-GmbH & Co. KG gehaltenen Anteile in grunderwerbsteuerlich relevanter Weise zuzurechnen seien. Daher sei ab August 2012 auf der Ebene der Klägerin eine (grunderwerbsteuerlich relevante) Anteilsvereinigung im Sinne von § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG hinsichtlich der Anteile an der grundstückshaltenden Gesellschaft erfolgt.
Antrag auf Billigkeitsentscheidung und Gewährung von Vertrauensschutz
Die Klägerin stellte beim Finanzamt u.a. einen Antrag auf Billigkeitsentscheidung nach § 163 AO sowie auf „Gewährung von Vertrauensschutz […] gem. § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO“. Beide Anträge lehnte das Finanzamt jeweils mit eigenem Bescheid ab, wogegen sich die Klägerin mit ihrer Klage wandte.
FG: Kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz
Das FG hat der Klage im Hinblick auf den Anfechtungsantrag betreffend den „Bescheid“ bzgl. § 176 AO stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Aufhebung des aus Sicht FG formellen „Bescheides“ betreffend § 176 AO resultiere dabei schon aus dessen fehlender Verwaltungsakt-Qualität.
Im Hinblick auf den begehrten Vertrauensschutz sei indes schon keine Unbilligkeit im Rechtssinne festzustellen. Eine solche folge insbesondere nicht aus der nach Umsetzung der Umstrukturierung erfolgten Änderung der Rechtsprechung des BFH zu sog. RETT-Blockern und der darauffolgenden Änderung der Verwaltungspraxis. Nach Ansicht des FG liege darin insbesondere kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG; auch der Rechtsgedanke des § 176 Abs. 1 AO sei im vorliegenden Fall zur Bejahung einer „Unbilligkeit“ nicht heranzuziehen.
Revisionsverfahren beim BFH anhängig
Der 3. Senat hat die Revision gegen das Urteil zugelassen. Das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Aktenzeichen II R 32/25 anhängig.
Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil v. 3.6.2025, 3 K 47/23, veröffentlicht in Newsletter II/2025